Sonntag, 24. November 2013

Scheiden tut gar nicht weh!

"Das mach ich doch im Winter!" .. oft gesagt, nie getan! Ich jedenfalls war bisher der klassische Fall eines Winterschläfers, sobald die Temperaturen sinken, sinkt auch mein Enthusiasmus fürs Hobby etwas zu machen. Traurig! Aber nicht dieses Jahr .. hab ich mir fest vorgenommen ... und tatsächlich, es geschieht hin und wieder was! Fein!

Jedenfalls hab ich vor langer Zeit mal eines meiner Messer gebloggt, hier nämlich, und vor noch viel längerer Zeit hab ich es gebaut .. und bis vor Kurzem hatte das gute Stück keine vernünftige Scheide. "Mach ich doch im ...", hab ich gesagt, und jetzt endlich auch getan!


Die Scheide ist aus einem dünnen Rindsleder und nass direkt auf das Messer geformt, daher auch der assymetrische Schaft für das Messerheft. Direkt ins feuchte Leder hab ich dann mit einem Griffel die Ornamente geritzt, nach einer Vorlage aus der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts aus London.


Das Leder ist übrigens in einer kalten Idigoküpe für ein paar Stunden blau gefärbt worden. Indigo färbt allerdings nur die Oberfläche und nicht das "Fleisch" des Leders, sodass beim Zuschnitt weiße Schnittkanten zum Vorschein kommen. Das wirkt recht attraktiv.


Wie auch bei den anderen Scheidenfunden aus London ist die Rückseite weit enfernt von der Kunstfertigkeit der Schauseite, dementsprechend hab ich mir Mühe gegeben auf der Hinterseite möglichst patschert zu arbeiten.

Damit ist wieder etwas von der langen ToDo Liste verschwunden! Amen, Mahlzeit und Gute Nacht!



Freitag, 15. November 2013

Frisch vom Riemertisch V

"Kalt ist es geworden! Mir kriecht die Nässe der letzten Tage ja schon ganz schön in die Knochen, muss das Alter sein. Die Kinder gedeihen gut, denen scheint auch nie kalt zu werden. Mir schon. Gut dass in der Werkstatt ein Feuerl brennt. Letzte Woche war die Färber-Firi bei mir und hat mir ein paar gefärbte Riemen mitgebracht, die ich bei ihr in Auftrag hatte. Blau und Gelb zum Großteil, aber auch ein paar schöne Grüne! Und weil mein Lehrling grad die neuen Beschläge vom Gelbgiesser geholt hatte und dabei war sie zu polieren, hat sie sich als Bezahlung gleich einen neuen Gürtel angeschafft, die Firi. Grün muss er sein, eh klar, weil als Färber muss man schon zeigen wie bunt die Welt sein kann! Und Blumerl wollt sie unbedingt drauf haben .. und einen Börsenbeschlag. Na, wers hat, der hats! 

-- Niklas Riemer, November 1341 --"

Diesmal handelt es sich mal wieder um ein wirklich frisches Stück, denn abgesehen von dem roten Gürtel den ich für einen Freund fertig gemacht hab, ist das mein letztes Werk. Irgendwie macht mich der Herbst immer etwas faul. Muss eine Art rudimentäres Grundverhalten sein, Winterschlaf oder so? Ich bin ja ein sehr rudimentärer Typ, Blinddarm hab ich (eh klar, wer nicht), meine Beine sind ähnlich behaart wie beim Yeti und mit den Ohren wackeln kann ich auch. Toll, oder? Na gut, bringt uns jetzt auch nicht weiter .. deshalb gleich das erste Bild:
 

Der Riemen ist aus dem bei mir üblichen vegetabil gegerbtem Rindsleder, denn obwohl ich beim Bemalen von fettgegerbten Leder gerade tolle Erfahrungen gemacht habe, liegt noch eine Menge Leder im Keller das weg muss. Gefärbt worden ist bei mir im garten zuerst mit Kreuzdornbeeren, gibt ein sehr schönes Gelb, und danach dann auf der Bachritterburg in einer kalten Indigoküpe blau überfärbt. Ergebnis: Grün .. und so richtig schön grün! (was man auf dem Bild mal wieder nicht erkennen kann)


Geprägt wurde dan mit einer Punze die ich erst kürzlich gemacht hab, Rechteckform mit eingeschlagenem, diagonalem Kreuzmuster. Dicht aneinandergesetzt ergibt das eine Optik die an ein gewebtes Band erinnert. Die Imitation von bestimmten Materialien in einem Werkstoff war in der Gotik allgemein sehr beliebt und taucht immer wieder im Kunsthandwerk auf.

 

Die Blumenbeschläge und der Börsenbeschlag sind übrigens von Lorifactor, die Riemenzunge und der Schnallenbeschlag aus Bronzeblech. 


Da das gute Stück zum Großteil auf der Burg Liechtenstein während einer Belebung entstanden ist, sind die Verzierungen nicht besonders ausgefeilt sondern eher schlicht, als Punkt und Kreisverzierung, ausgeführt. Ich werd ihn mal der neuen Besitzerin übergeben, wenns ihr nicht gefällt kann ich ihn ja noch überarbeiten. Aber wie ich sie kenne, mag sie ihn!


Mittwoch, 6. November 2013

Fundstück der Woche XLV - Spiel und Spaß

Das heutige Fundstück der Woche besteht aus mehreren Folios einer Handschrift die um 1340 in Frankreich entstanden ist , vermutlich im südfranzösischen Raum. Die Handschrift befasst sich mit den Dekreten Gregor IX, die der Papst um 1230 herausgab und ist in ihrer Gesamtheit auf den Seiten der British Library zu bewundern. Meinen Dank dafür!

In den Drolerien, den Randzeichnungen, sind dort ab Folio 94v diverse Spiele zu sehen die ein interessantes Bild auf die Spielevielfalt der Hochgotik werfen:

Folio 94v: 
Schlagball (?) ... interessant ist, dass der rechte Spieler einen Wanderstock zu verwenden scheint (erkennbar an der Spitze unten am Stock)


Folio 95r
Landhockey (?) ... wäre interessant ob es da Regeln dazu gibt ...


Folio 95v
Also aus dem Zusammenhang heraus würde ich sagen auch ein Spiel .. aber welches DAS sein könnte ... so was von keine Ahnung! Sachdienliche Hinweise werden aber gerne im Blogkommentar entgegen genommen.

Folio 96r
Steinweitwurf (?) .. darauf würde ich jedenfalls tippen. Ob die beiden interessierten Herren rechts das Ergebnis zu beurteilen haben oder das Ziel des Spiels darstellen überlasse ich mal meiner Phantasie


Folio 96v
Jetzt kommt meine absolute Lieblingsdisziplin. Also jedenfalls bis jetzt. Der .. *trommelwirbel* .. Zweikampf mit hölzernenSpitzhacken (?)


Folio 97r
Peitschenkreisel .. diesmal mit der Neunschwänzigen, aber warum nicht



Folio 97v und 98r
Kampfspiele zweier Bewaffneter .. da es danach mit den Spielen weitergeht vermute ich mal, dass es sich auch bei den beiden Bildern um eine Form von Spielen handelt

Folio 98v
Ballspiel .. zwei Beteiligte, zwei Bälle.

 

Folio 99r
Bauernkegeln (?) .. scheint eine Kegelvariante zu sein, bei der mit einem Stock statt mit einer Kugel gekegelt wird, ähnlich dem modern Kubb


Tja, und das wars dann auch schon mit den Spielen in den Drolerien der Handschrift. Für mich war einiges Neues dabei, ich hoffe auch für euch!