Dienstag, 31. Mai 2016

Es wird ein Wein sein ...

... und mir wer'n nimmer sein" sangen Hans Moser und Paul Hörbiger, das war noch in der Schwarz-Weiß-Filmzeit. Etwas älter als diese Perle des Wienerlieds ist dann noch das original Rebmesser das ich mir kürzlich zulegen konnte. Und noch älter und vor allem wichtiger ist der Wein selbst. Warum? Das will ich euch erklären:

Abbildung aus einer Sammlung von Weltchroniken (Weltchronik - HB XIII 6)

Wein war für Wien schon seit dem 12.Jahrhundert von enormer Bedeutung. Die sonnige lage im Wiener Becken und die guten Böden erlaubten Weinbau schon in der Römerzeit. Seit 1132 gibt es dann auch die ersten urkundlichen belege für Weinberge um Wien.

Im 14.Jahrhundert war der Wein schließlich DER Exportschlager schlechthin. Und praktisch auch der Einzige denn Wien lebte in erster Linie vom Zwischenhandel und den damit verbunden Zöllen und Stapelrechten. Produziert wurde zwar vieles, das Meiste aber für den lokalen Bedarf. Außer dem Wein eben.

Entsprechend angreifbar war Wien dann natürlich auch, und so trug auch König Rudolf I Habsburg, der nicht in der Lage war Wien im Sturm zu nehmen, einen Teilsieg über die ausgehungerten Wiener davon als er 1276 drohte die umliegenden Weinberge zu verwüsten. Dann doch lieber ergeben!

Es war ja praktisch jeder Bürger im Besitz eines oder mehrerer Weinberge, wenn man den Rechnungen und Urkunden folgt. Krokusfelder waren auch beliebt, aber ein Weinberg gehörte damals scheinbar schon zum guten Ton.

Dementsprechend war auch die Legislative stark auf den Weinbau und Weinhandel ausgelegt. Einfuhrverbote galten für ungarischen Wein und zum Teil auch für Tröpferl aus Norditalien, erst 1370 wurde das Importverbot gelockert. Allerdings blieb der Kauf und Ausschank auf städtische Tavernen beschränkt. Doch nicht nur die Einfuhr war reglementiert. Die Stadtgesetze erlaubten bürgerlichen Weinbergbesitzern auch eindeutig den entgeltlichen Ausschank ihrer Produkte .. ein früher "Heuriger" gewissermaßen und das Stubenviertel (siehe hier) verdankte seinen Namen der unzähligen kleinen und großen Weinstuben Wiens.
Nichbürgerlichen war der Ausschank nur sehr eingeschränkt in gewissen Kontingenten möglich, das traf dann vor allem die in Wien ansässigen Klöster wie Benediktiner oder Dominikaner.

Aber wenn schon alles von da draußen verboten war, was war denn nun lokal angebaut worden?

Nun, die Hauptrebensorte war wohl der Heunisch. Er war in Mitteleuropa seit dem Hochmittelalter und bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die wichtigste Weißweinsorte. Besonders zeichnete diese Sorte sich durch hohen Ertrag und späten Austrieb aus. Damit war sie ertragssicher in Jahren mit Spätfrösten. Diese Sortenmerkmale waren im Mittelalter wichtige Eigenschaften. 

Der entsprechenden Wein ist dünn, extraktarm und säurereich.

Die Verbreitung von seinem Ursprung in Nordost- und Westfrankreich über die Schweiz, Südwestdeutschland, Österreich, Ungarn bis Osteuropa ist durch die Namenkunde belegt, die Sorte war auch an der Entstehung ungarischer Sorten, wie zum Beispiel Furmint, beteiligt.
Heute noch beliebte Weinsorten wie Riesling und Sauvignon entstanden durch entsprechende Kreuzungen mit einem Urtyp des Traminerm, einer weiteren Urrebe.
Auch der in der Wiener Region heute noch dominante Grüne Veltliner ist eine Kreuzung mit Traminer als Muttersorte.

Das alles hat uns natürlich jetzt keinen meter Richtung Rebmesser gebracht auf das alle Realienfans wohl schon sehnsüchtig warten. Aber, immerhin wissen wir jetzt wie wir uns annähernd historisch korrekt sinnlos besaufen können.

Ach ja, das Rebmesser!


Rebmesser finden sich sowohl im Fundgut als auch in der Kunst relativ häufig und in unterschiedlichsten Formen. Das von mir erworbene, aufgearbeitete und neu geschäftete Rebmesser entspricht zum Beispiel diesem Typ aus dem englischen Peterborough-Psalter der in der ersten Hälfte des 14.Jahrhundert entstanden ist:


Dass diese Messer auch eine andere Verwendung, als ordinäres Gertel (oder Hippe) für die Waldarbeit oder den Baumschnitt verwendet wurden ist natürlich naheliegend. Aus welcher Verwendungsgruppe die so typisch Form hingegen stammt ist unklar.


Hier ein französisches Monatsbild aus dem späten 13.Jahrhundert dass den Baumschnitt mit einem derartigen Werkzeug zeigt:
 

Als Werkzeug ist das gute Stück jedenfalls nützlich genug um in mein auch für heutige, häusliche Gartenarbeit  verwendetes Werkzeugsortiment Aufnahme gefunden zu haben. Wirklich praktisch, das Ding!

Mit der kleinen Klinge am Klingenrücken kann man auch ganz gut in Verbindung mit einem Hackstock oder einer ähnlichen ebenen Arbeitsfläche arbeiten, was die hakenartig gekrümmte Klinge des Rebmessers sonst ja nicht erlaubt.