Montag, 18. Januar 2016

Jetzt kann ich mir wieder in die Tasche lügen!



Die Interpretation von Bildquellen unter Zuhilfenahme der Quellenkritik treibt ja die meisten von uns regelmäßig um. Manchmal aber ist ein abgebildetes Objekt so faszinierend, dass es nach Rekonstruktion förmlich schreit.
So jedenfalls ging es mir nach einer neulichen Durchsicht der so genannten „Concordantiae caritatis“ aus Lilienfeld die um 1350 entstanden ist.

Das wirklich Schöne an der Quelle (wenn etwas das mit Quellenkritik zu tun hat wirklich schön sein kann) ist: Leder ist schwarz! Immer? Nein, nicht immer. Aber sehr oft. Das mag ich.
Man kann sagen mit der Lilienfelderhandschrift ist es wie mit den Fingern und den Daumen: Nicht alle Objekte aus Leder sind schwaru, aber alle schwarzen Objekte sind wohl aus Leder.

Daher ist auch bei diesem Taschenmodell mal davon auszugehen (sag ich mal so salopp), dass es ebenso aus Leder ist wie die Schuhe und Messerscheiden der anderen Teilnehmer an den „Konkordanzen der Liebe“.

Sonntag, 10. Januar 2016

Kochen und Rezepte


Einige haben ja vielleicht unsere "Tafelfreuden" verfolgt. Ich habe immer wieder versucht auf die Quellen der Rezepte zu verweisen, allerdings ist das nicht immer so einfach und eindeutig. Daher möchte ich hier eine Liste meiner Kochbücher zur Verfügung stellen.

Diese Liste wird immer wieder erweitert werden. Ich möchte nämlich gerne wenigstens ein paar Worte zu den einzelnen Büchern anfügen, da Aufbau, Hintergrund und Verwendungsmöglichkeiten ebenso wie die Qualität sehr unterschiedlich sind.

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal sind die zur Verfügung gestellten Texte. Daher werde ich bei jedem Kochbuch folgende Kennzeichnungen angeben:

O für Originaltext
Ü für Übertragung ins heutige Deutsch
R für Rezept nach heute gültiger Notation (Mengenangaben, Kochzeiten etc.)

Samstag, 9. Januar 2016

Voll für den Jockl

Ja, Jockl. Jedenfalls denk ich mir dass der Kerl der mein neustes Produkt gerade eben (also irgendwann im 13.Jahrhundert in diesem Fall) auf dem Acker verloren hat "Bauer Jockl" hieß . Denn irgendwie sieht es schon gut aus. Nur halt wie ein Ackerverlust. Vom Jockl halt.

Mittwoch, 6. Januar 2016

Der Kasperl kommt

.. in dem heutigen Fall allerdings respektvoller: Der Caspar, mit seinen Freunden dem Melchior und dem Balthasar! 


Der oben gezeigte Dreikönigsschrein im Kölner Dom ist ein wirkliches Meisterwerk spätromanischer Goldschmiedekunst. Gefertigt wurde er gegen Ende des 12. Jahrhunderts vom namhaften Künstler Nikolaus von Verdun. (ein echter Nikolaus eben - und ja, Eigenlob stinkt). Der schuf im übrigen auch den berühmten Verduner Altar in Klosterneuburg bei Wien.
Die Reliquien befinden sich seit 1164 in Köln, nach dem Erzbischof Rainald von Dassel diese als Geschenk Kaiser Friedrichs I Barbarossa dort hin gebracht hatte. Der Kaiser hatte sie bei der Belagerung von Mailand erbeutet wo er sie aus der Basilika des Hl.Eustorgius 1158 entnehmen ließ und sie seinem Erzkanzler übergab. Damit machte er Köln zu einem der wichtigsten europäischen Wallfahrtsziele ... und zur perfekten Einleitung für mich:

Dienstag, 22. Dezember 2015

Gepflegte Waffen

Es ist Folgendes: Gestern kam ein breitgebauter Weihnachtsgnom mit einem ganzen Paket voller Blankwaffen in mein Haus. Tolle Sachen! Dolchmesser und Essmesserklingen, ein Basilard und was für die Stange. Aber darum geht's heute gar nicht. Ich erwähne das nur weil ich das breite Grinsen im Moment nicht aus dem Gesicht krieg wenn ich blinkenden Stahl ansehe.

Das heutige Thema soll aber, angeregt von einer Diskussion auf Facebook zum Thema Messerschleifen, die mobile Waffenpflege des 14.Jahrhundert sein. Was also kann man so leicht mal mit schleppen um Scharten aus zu wetzen oder Klingen nach zu schärfen.

Montag, 30. November 2015

Wie ein bunter Hund

Bunt! Nicht gerade das erste Wort das einem einfällt wenn man sich berüchtigte Hollywoodmittelalterfilme, billige Dokumentationen oder heutige Burgruinen und Kathedralen ansieht. Steinsichtig grau stehen die Bauwerke da in der Gegend herum, hellbraun, dunkelbraun und grau laufen Schauspieler durch schlammbraune Szenerien.

Aber die Gotik war bunt. Statuen und Figuren waren in der Regel aufwändig bemalt, die Innenräume von Kirchen und besseren Häusern waren mit bunten Fresken verziert, bunte Glasfenster ließen das Licht Gottes in die Kirchen und die erzielbaren und auch getragenen Farben bei mittelalterlicher Kleidung, alleine erzielt durch Pflanzen, Flechten, Pilze oder Tierbestandteile, erstaunen jeden geschichtsinteressierten Laien immer wieder aufs Neue.

Und damit kommen wir zum angesprochenen bunten Pudelhundes Kern: Ich find das gut! Ich mag bunt. (Naja, zu mindestens in der Darstellung, privat bin ich ja eher der Hollywood-Mittelalterbauer-Typ in braungrauoliv). Und da ich auch Messermacher bin, gehört bunt da eben auch dazu

Bisher habe ich diesen Aspekt in meinen Scheidenrekonstruktionen allerdings zu wenig einfließen lassen, denn abgesehen von der gelegentlichen Schwarzfärbung und einem Ausflug ins Rote (den muss ich demnächst mal bloggen) sind meine Messerscheiden Naturbraun. Schrecklich klischeehaft.

Tatsächlich ist aber auch in der Fachliteratur immer wieder der eine oder andere Hinweis zu finden, dass Messerscheiden in der Tat bemalt waren. So finden sich z.B. auf erhaltenen Scheiden aus London Spuren von Farbpigmenten, meistens Ocker. Auch erhaltene Lederobjekte zeigen deutlich die Spuren von Bemalung, wie z.b. ein französisches, mit Leder verkleidetes Kästchen aus der zweiten Hälfte des 14.Jahrhunderts dessen Farbgebung noch sehr gut zu erkennen ist:


Also informierte ich mich mal über damals verwendete Farben und Farbtypen und kam (auch dank der Malerinnen in unserer Truppe) recht rasch auf den Begriff der Tempera. Darunter versteht man mit öliger Emulsion angerührte Farbpigmente, wie z.b. den oben schon erwähnten Ocker. Gesagt, gesucht, getan, gekauft und losgeockert:
 

In diesem Fall habe ich mich einerseits von den Ockerspuren des Fundes aus London sowie der rottönigen Palette des Kästchens inspirieren lassen und die Messerscheide des Essmessers meiner Frau in Erdtönen bemalt:



Völlig angeheizt von der Erfahrung mal etwas anzupinseln das nicht Wohnzimmerwand heißt, ließ ich die erste Scheide trocknen und stürzte mich gleich auf die Nächste:


Hier wurde ich dann schon deutlich mutiger was die Farben angeht und völlig überwältigt von der Vielfalt an möglichen Farbtönen schlug ich gleich mal richtig zu – der bunte Hund .. naja, Drache in dem Fall:



Und weil die Pinsel jetzt eh schon dreckig waren ging ich rüber zum Schaukästchen und griff mir noch eine Lederscheide:


Diesmal verwendete ich mehr oder weniger die gleichen Farbtöne wie beim Drachenmesser, spielte dafür aber erstmals mit Licht und Schatten ein wenig herum:



Und dann ...  dann, bevor ich jetzt in meinem Überschwang auch noch die restlichen Scheiden, eventuell herumstehende Becher und halbfertige Kleidungsrekonstruktionen mit künstlerischer Hand in farbenstrotzende Meisterwerke verwandeln konnte, bremste mich mein Gewissen mit den Worten: „Ja eh klar, Nikolaus, war sicher alles bemalt. Ohne Ausnahme. Oder? Denk nochmal nach!“

Deshalb ist hier auch Schluss mit Bildern von bemalten Messerscheiden, ein paar dürfen ruhig pfuibraun bleiben.

Ach ja, ein großer Vorteil beim Bemalen war, dass die Tempera sich mit Wasser so wunderbar wieder abwaschen ließ und ich so mehrere Versuche an derselben Messerscheide hatte.

Tja, Vorteil, naja, denn:

Ein großer Nachteil beim Bemalen war, dass die Tempera sich mit Wasser so wunderbar wieder abwaschen ließ und das erste Mal angreifen mit feuchten Händen zu bunten Händen und braunem Leder führte.

Hmm, nicht gut.

Ein paar Recherchen weiter stieß ich (auch dank einiger Ideen und Hinweisen meiner Mitstreiter) dann auf Leinölfirnis. Und landete bei Leinöl-Standöl. Das hatte meine geliebte Frau nämlich in ihrer Textildruckerkiste.

Damit betupfte ich dann die bemalten Scheiden und fixierte die Farbe durch die anschließende biochemische Lackbildung ein wenig. Ist jetzt immer noch nicht als Scheide für Tauchermesser gedacht, aber immerhin kann man mal ins Schwitzen kommen ohne selbst … zum bunten Hund zu werden.

Samstag, 28. November 2015

Die Sache mit dem doppelten Janus

Traditionell beginnen meine Blogs ja mit einem wirren Titel der sich dann elegant und eloquent aufschlüsselt um letztlich zum Thema des Artikel überzuleiten. So auch heute.

Janus, der zweigesichtige römische Gott war zuständig für Anfang und Ende und daher werden wir uns auch heute vom schräg betitelten Anfang zur Konklusio am Ende durcharbeiten. Wobei durcharbeiten schon sehr hochgegriffen ist, denn ich bin etwas schreibfaul und daher wird der Artikel wohl leichter zu durchqueren sein als befürchtet.

Mit Janus verbindet man nämlich den so genannten Doppelkopf. Und ein Doppelkopf, oder einfach nur Kopf oder auch Scheuer ist das Thema heute. Ich hab nämlich jetzt einen. Eigentlich hab ich aber zwei und daher doppelter Janus. Alles klar?

Doppelköpfe finden sich unter anderem im Fundgut von Konstanz und sehen dort so aus:


Meine Doppelköpfe sind sehr genau nach den Konstanz und Freibergfunden entstanden und bestehen einmal aus Nadelholz, Fichte in dem Fall das in Konstanz recht häufig vorkommt, und einmal eher ungewöhnlich aus Eiche, weil das im Raum Wien ein regionales Holz war.

Aufmerksamen Beobachtern wird allerdings nicht entgehen, dass meine Rekonstruktionen ein entscheidendes Detail vermissen lassen: Die Griffe

Das liegt daran, dass beide Repros an einer modernen Drechselbank entstanden sind die immer nur in eine Richtung dreht und somit ein "Stehenlassen" der Griffstücke nicht ermöglicht. Ist das ein Wermuthstropfen? Ja, irgendwie schon. Aber es gibt auch Funde von Scheuern ohne Griffen und auch wenn sie in der Minderheit sind will ich mal zufrieden sein.


Was die erhaltenen Köpfe auszeichnet ist die hohe Handwerkskunst mit der sie gefertigt wurden, denn die Originale sind enorm dünnwandig und mit einer aufwändigen Silhouette gestaltet.

Der Trick bei dieser Geschirrform ist einerseits der dicht verschließende Deckel der ein langes Warmhalten von Speisen gewährleistet sowie die Möglichkeit den Deckel nach dem Abnehmen als zusätzliches Geschirr nutzen zu können. Etwas Praktisches eben, eine Art Campinggeschirr und in einer Linie mit den gefinkelten Dingen gotischen Erfindungsreichtums zu nennen, wie z.B. dem Klappkerzenhalter. 



Und weil ich mich ja letztens auch ans Löffelschnitzen gemacht habe und auch meine Trinkglassammlung um ein weiteres Stück erweitert habe können meine Frau und ich mit unseren biologisch vorgegebenen zwei Köpfen (Ok, der war holprig) jetzt standesgemäß speisen. Unsere beiden Töchter hingegen können dann ihr Süppchen aus dem Deckel löffeln wenns sein muss und so haben vier Köpfe zwei Doppelköpfe und letztendlich hat jeder (Kinds)kopf seinen Deckel (Der war hingegen gut, oder?)