Montag, 3. April 2017

Spieglein, Spieglein in der Hand ...

.. wer ist die Schönste im ganzen Land? Da kann die Antwort natürlich nur: "Meine Frau!" lauten. Natürlich sind die anderen Mädels bei der IG14 auch die reinste Augenweide. So schön sind die, dass wir es uns leisten können die Saisoneröffnung, traditionell auf der wunderbaren Bachritterburg in Kanzach begangen, ganz unter das Zeichen "Schönheit und Schönheitspflege - Hygiene und Kosmetik" zu stellen:

 
Our english-speaking guests can find an abstract at the end of the article

Aber bleiben wir doch thematisch bei meiner wundervollen Frau und dem Titel dieses Blogposts. Meine holde Gattin ist nämlich von solcher Anmut, dass sie natürlich auch einen Spiegel braucht der ihr das stilgerecht versichern kann. Also: Spiegel!

Im 14. Jahrhundert kommt es zu einem gewaltigen Aufschwung in den Methoden der Glaserzeugung. Nicht nur die Brille taucht erstmals häufig und als alltagstauglicher Sehbehelf auf (wenn, und das bitte zu beachten, auch nur bei ganz speziellen Personengruppen und kaum weit verbreitet)
Textbelege sprechen für Wien z.b. vom Jahr 1316 in dem der venezianische Botschafter auf einem Hoffest großes Aufsehen damit verursacht dass er mit einer Brille auf der Nase erscheint.

Neben diesem optischen Anwendungsgebiet machte noch ein weiteres großes Fortschritte: die Spiegelherstellung. Wo früher hochpolierte Metalloberflächen das im mittelalterlichen Selfiemodus lächelnde Gesicht des Anwenders zurück warfen beginnt man nun Spiegel aus Glas herzustellen.
Dabei wurden Kugeln geblasen und an ihrer Innenseite im noch glühenden Zustand mit Metallen beschichtet. Quecksilber war da z.b. sehr beliebt. Sicher ein äußerst gesundheitsfördernder Vorgang. Danach wurden die Spiegelkugeln in einzelne Kugelkalotten zerschnitten und somit einige Wölbspiegel geschaffen.

Wölbspiegel haben, zusätzlich zu der oben beschriebenen, einfachen und effektiven Herstellung noch den Vorteil dass sie einen deutlich größeren Bildabschnitt wiedergeben können als flache Spiegel.

Also eine der frühesten und kunstvollsten Abbildungen so eines Wölbspiegels kann man mit Sicherheit Van Eycks "Hochzeit der Arnolfinis" annehmen, wo der gute Jan den Spiegel mit solcher Genauigkeit abgebildet hat, dass man erkennen kann was der Spiegel abbildet. Als natürlich hat das auch der Jan abgebildet der ja den Spiegel und sein Spiegelbild (also nicht seins sondern das der Arnolfinis) abgebildet hat. Kennst sich noch wer aus? Na gut, dann eben ein Bild:

Abbildung des von Jan van Eyck 1434 im Hintergrund seines Gemäldes "Arnolfini Hochzeit" platzierten Wölbspiegels
(1) Detail from Van Eyks "Arnolfini Wedding" (1434) showing a convex mirror

Auch Abbildungen aus dem für uns relevanten Zeitraum um die Mitte des 14.Jahrhunderts gibt es, dort allerdings aus der Buchmalerei und natürlich nicht in der Detailverliebtheit flämischer Tafelmaler der Spätgotik.

Abbildungen von Handspiegeln aus Handschriften (v.l. England ca. 1330, Frankreich 1327 und England ca. 1360)
(2) Depictions of hand held mirrors in manuscripts (l2r: England ca. 1330, Frankreich 1327 und England ca. 1360)



In in den mittelalterlichen Texten dieser Zeit findet man ebenfalls Hinweise auf Spiegel. So werden sie z.b. im Zusammenhang mit dem "Gerade" (jenem Teil des Besitzes der einer Witwe sofort nach dem Tod ihres Mannes zufällt) in der Wolfenbüttler Ausgabe des Sachsenspiegels als beispielhaft gezeigt.

Viele der um 1350 entstandenen Abbildungen von Spiegeln zeigen kreisrunde Fassungen aus nicht näher definierbarem Material. Funde von kleinen Taschenspiegeln haben oft Einfassungen bzw. Gehäuse aus Elfenbein während mir das Material für größere Spiegel noch nicht untergekommen ist. Ich habe daher für meine Rekonstruktion Holz gewählt:

Meine Rekonstruktion eines hochgotischen Handspiegels mit Wölbspiegel aus Glas und Gehäuse aus Buchenholz
(3) My recontruction fo a medieval hand held mirror with a convex mirror and a frame made fo beech wood

Der eingesetzte Wölbspiegel besteht wie die Originale aus Glas, allerdings konnte ich für das Aufdampfen der Quecksilberschicht keinen lebensmüden Glashüttenarbeiter auftreiben. Daher hab ich mir mit einem modernen, nach heutigen Standards gefertigten Spiegel behelfen müssen.

Größenvergleich meiner Rekonstruktion und meinen recht zarten Händen
(4) Comparing the mirrors size to my relative small hands (Greetings to you, Donald!)

Die Vertiefung in die der Spiegel versenkt und eingeklebt ist habe ich ausgedrechselt. Und dabei meinem latenten Dekodrang nachgegeben und  zwei konzentrische Zierrillen angebracht.

Wie der Wölbspiegel das vorhandene Bild wiedergibt ist im nächsten Bild zu erkennen, wo eine gerade Baumreihe im Hintergrund als Randspiegelung deutlich verzerrt zu erkennen ist (inklusive einer Natriumdampfstraßenlaterne und einem Strommast, mir soll keiner nachsagen ich hätte weniger Auge für Details der alte Van Eyck!)

(5) Bildverzerrung in einem Wölbspiegel / Picture distortion with a convex mirror

Vielleicht bemale ich das ganze noch, mal sehen. (Also das Gehäuse, nicht den Spiegel. Wär ja blöd. Auch wenn das Spiegelbild vom Jan ja gemalt ist ... also nicht seins, sondern das der ... Schluss jetzt. Das hatten wir schon.!)

Schließlich war so ein Spiegel schon in gewissem Maße ein Luxusgegenstand. Irgendwelche Ideen für ein Motiv?

Abstract for our english speaking visitors:

I recently made a reconstruction of a medieval hand held mirror for beloved wife. Mirrors made from glass started to appear on a large scale in the 14th century. They were made by blowing a glass ball and coating its interior side with metal, e.g. mercury. The glass ball was then cut into several smaller convex mirrors like the one shown on Jan Van Eycks "Arnolfinif Wedding. (1)
Manuscripts around 1350 also show depictions of hand held mirrors (2) and my reconstruction (3) is based on this sources.
As shown on picture (4) the mirror I used is relatively small and housed in a beech wood case. Like the originals it is made from glass but with a modern coating.
How the convex mirror destorts the reality is visible in picture (5)