Sonntag, 20. Oktober 2013

Es grünt so grün!





Für unseren zweiten Probetermin hat Doris das folgende Menü zusammengestellt:

Grüne Eier
und
Ziegenkäseaufstrich

gebratene Fleischpastete
mit
 grüner Kräutersauce
auf
Fladenbrot

gebackene Mandelmilch
mit
grünen Quendelkeksen 
und 
Gewürztalern


Grüne Eier

Diese Speise war das wohl auffälligste Gericht in diesem Menü. Die Reaktionen der Besucher reichten von "sind die noch aus dem Mittelalter?" über "das sieht eigenartig aus!" bis zu weniger diplomatischen Reaktionen der Kinder. So ganz verdenken kann man es ihnen ja nicht!

Natürlich haben wir auch raten lassen, wie die Eier denn diese schöne Farbe bekommen könnten. Aber heiße Tipps waren keine dabei. Die Lösung: viel, sehr viel Petersilie! Gemischt mit Wein und Gewürzen bildet die Sauce die Basis für die Eier. Die gekochten und geschälten Eier werden dann über Nacht darin eingelegt und ziehen so schön durch.

Das Rezept dafür stammt aus "Lagerküche, Tatjana Junker". Die Grundlage dafür findet sich in einem Grazer Kochbuch aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert.

Fazit: eine optisch auffällige Vorspeise für die Tafel ganz in mittelalterlicher, bunter Manier. Und toll geschmeckt haben sie außerdem; dadurch dass sie über Nacht durchziehen müssen, sind sie sehr gut vorzubereiten.



Ziegenkäseaufstrich

Ursprünglich als "Ziegenkäse-Kräuterbällchen" geplant, wurde dann aus Zeitgründen daraus ein ganz toller Aufstrich! Mit Distelöl und Kräutern verfeinert und mit einer Kräuter-Blütenmischung bestreut war dies ein weiterer Farbtupfer auf unserer Tafel.

Trotz des doch recht ausgeprägten Ziegenkäse-Geschmacks - der ja bekanntlich nicht jedermanns Sache ist - war dieser Aufstrich vor allem bei unseren Kindern sehr beliebt!

Fazit: ebenfalls gut vorzubereiten und schnell gemacht; und wenn er nicht vorher aufgegessen wurde, dann hält er sich auch sehr gut!



Gebratene Fleischpastete mit Kräutersauce

Ebenfalls ein Rezept aus der "Lagerküche, Tatjana Junker" aber diesmal ohne konkreten historischen Hintergrund. Im Buch selbst wird diese Art Pastete als "Schüsselpastete" bezeichnet, da sie eben ohne Teig in einer feuerfesten Form gegart wird.

Doris hat sich für gemischtes Faschiertes und Kokosfett entschieden - die Variante mit dem Nierenfett wollten wir nicht gleich beim ersten Versuch ausprobieren!

Interessantes Detail: nach mehr als der halben Garzeit wird der Braten mit Essig und nochmals Gewürzen parfümiert.

Fazit: auch wieder sehr gut vorzubereiten; wir haben sie kalt mit der bereits bekannten grünen Kräutersauce auf Fladenbrot gegessen; übrig geblieben ist nichts.



Fladenbrote

Da für dieses Menü sozusagen "Braten mit Sauce" auf der Karte stand, wollten wir auch ausprobieren, ob sich das mit den Fladenbroten als Tellerersatz gut verträgt. Da ich noch relativ wenig Erfahrung damit hatte, habe ich nach einem Rezept gesucht, wo ich auf den ersten Blick das Gefühl hatte, dass es funktionieren könnte.

Fündig geworden bin ich im Internet auf http://www.lomion.de/Mittelalterrezepte/index.php. Eine ganz tolle Seite, die auch eine sehr ausgefeilte Suchfunktion (z.B. nach Regionen, Epochen oder Zutaten) bietet. Hier hat es mir dann das Finnische Fladenbrot angetan. Das Rezept ist sehr stimmig und funktioniert einwandfrei.

Fazit: unsere Brote waren noch etwas dick, da sie beim Backen dann doch noch ein wenig aufgegangen sind. Dadurch war es ein wenig schwierig sie als Tellerersatz zu verwenden. Mit noch einer Scheibe von der Pastete und der Kräutersauce darüber war es doch eine etwas dickere Angelegenheit. Aber auf jeden Fall vorstellbar! Ich denke, die werden wir sicher wieder machen!

Im Foto sind die Brote hier rechts zu sehen.



gebackene Mandelmilch

Da in unserer Gruppe nicht nur die Kinder kleine Schleckermäuler sind, brauchen wir natürlich immer auch etwas Süßes!

Wieder ging es darum, eine gut vorzubereitende Nachspeise zu finden und die "gebackene Mandelmilch" hat mich einfach neugierig gemacht. Das Rezept stammt wieder von www.lomion.de und ist offensichtlich im "Pleyn Delit, Constance B. Hieatt, Sharon Butler and Brenda Hosington" in moderner Form niedergeschrieben. Es gibt wohl auch eine historische Quelle dazu, allerdings liegt mir das Buch nicht vor und ich kann sie daher nicht wiedergeben.

Die Zubereitung war denkbar einfach. Und da Mandelmilch ja nun mittlerweile fast in jedem gut sortierten Supermarkt angeboten wird, habe ich mich nicht mit dem Mörsern von Mandeln aufgehalten. Wobei - ausprobieren möchte ich das schon noch einmal!

Das Rezept ergibt eine puddingähnliche Masse, die auch kalt genossen werden kann. Das Stürzen hat meine Mandelmilch leider nicht ganz so gut überstanden. Da sie dann auch noch für die Zeit der Vor- und Hauptspeise auf einem Brett in "Wartestellung" war, wäre sie uns auch fast davongelaufen... Daher gibt es leider kein Foto. Geschmeckt hat sie trotzdem!

Fazit: definitiv wiederholungsbedürftig! Auch wenn es manchen ein wenig zu "eierlastig" war.


grüne Quendelkekse

Da wir die meisten Rezepte ja zum ersten Mal ausprobieren, versuchen wir immer auch Speisen anzubieten, von denen wir wissen, dass sie gelingen und ankommen.

Die Quendelkekse - frei nach Hildegard von Bingen - sind da immer gut! Der Teig war diesmal zwar grüner als dann im gebackenen Zustand, aber vor allem die Kinder haben sie bis auf den letzten Krümel aufgegessen.

Da wie gesagt die Quendelkekse sozusagen Fixstarter sind, ich aber mit den bisher probierten Rezepten noch nicht so ganz zufrieden war, probiere ich nach wie vor auch neue Varianten. Diesmal war es ein Rezept von ORF Vorarlberg.

Ein Mürbteig aus Dinkelmehl, Butter, Rohrohrzucker, Eiern, Milch und geriebenen Mandeln wird mit dem Quendelpulver verfeinert. So gesehen also keine große Sache und ebenfalls gut vorzubereiten.

Gewürztaler nach der Heiligen Hildegard

Und wie das Leben so spielt, findet man natürlich bei der Rezeptsuche nicht immer nur konkret das, was man sucht, sondern auch viele andere interessante Dinge! Und das Rezept für diese Gewürztaler hat mich nicht losgelassen.

Ein geschlagener Butterteig aus Dinkelmehl, Eiern, gehackten Mandeln und Zucker wird mit einer typischen Gewürzmischung aus Zimt, Nelkenpulver und Muskat aromatisiert - also fast Weihnachten pur! Was meine Neugier und Experimentierfreude allerdings so richtig geweckt hat, war die Zugabe von gehackten Rosinen!

Und tatsächlich ergibt das Rezept eine ganz großartig fruchtige Alternative zu den eher trockenen Quendelkeksen. Aber am spannendsten war für mich die Blindverkostung mit meinem hauseigenen Rosinengegner!  Und siehe da: sie sind super angekommen!

Fazit: auch für Rosinengegner akzeptabel und einfach genau mein Geschmack! Diese Kekse werden definitiv zu "Weihnachts-must-haves". Oder vielleicht sogar auch mal für Zwischendurch, da sie recht wenig Aufwand machen.


Freitag, 18. Oktober 2013

Ein Menü mit Pasteten

Bitte zu Tisch auf der Burg Liechtenstein!



Unser erster Probetermin am 7. September 2012 und das gab es zur Stärkung:


Lombardische Hühnerfleischpasteten
und
Pasteten mit Pilz-Käse-Füllung

dazu eine aromatische Kräuter-Sauce
und Zimtsenf

als Nachtisch
Konkavelite

außerdem
 Zwetschkenkompott und Äpfel


Die große Herausforderung für diesen Termin bestand darin, etwas Feines zu servieren, das auch lauwarm oder gar kalt gegessen werden kann. Da wir noch keine Kochgelegenheit auf der Burg haben, galt es also zu überlegen, was gut vorbereitet werden kann.

Pasteten haben sich hier gleich angeboten, da sie auch gut portionierbar sind, und wir uns daher auch mit den Mengen ein bisschen leichter getan  haben.

Lombardische Hühnerfleischpasteten:

Dieses Rezept aus dem "Menagier de Paris" wurde in ebendieser Handschrift Ende des 14. Jahrhunderts in Frankreich niedergeschrieben. Ich habe die Rezepttranskription aus "Küchengeheimnisse des Mittelalters, Maggie Black" verwendet. Damit wir eben besser abschätzen können wieviel wir benötigen, habe ich kein ganzes Huhn genommen sondern ausgelöste, kleingeschnittene Hühnerbrust, die ich vorgegart habe. Mangels Verjus - eine Zutat, die unbedingt noch in unsere "Küche" aufgenommen werden muß - habe ich Zitronensaft verwendet. 

Fazit: sehr gut vorzubereiten; die Eiermasse, in die die Fleischteile getaucht werden, geht ein wenig unter; ein wenig mehr Speck hätte nicht geschadet

Überraschend: obwohl kein Salz verwendet wird, geht es - dank des Specks und des Zitronensafts - überhaupt nicht ab

Pasteten mit Pilz-Käsefülle:

Auch dieses Rezept stammt aus dem "Menagier de Paris" und wurde in den "Küchengeheimnissen des Mittelalters" von Maggie Black wiedergegeben. Da ich frühmorgens - wie im Original angegeben - nicht auch noch die Pilze dieser Nacht suchen gehen konnte, habe ich mich mit Champignons und Kräuterseitlingen begnügt.

Fazit: sehr gut vorzubereiten; mit frischen Eierschwammerl oder gar Steinpilzen sicher auch sehr gut!

Überraschend: obwohl kein Salz verwendet wird, geht es - hier dank des würzigen Käses - überhaupt nicht ab


Kräutersauce

Um die Pasteten dann noch direkt bei Tisch verfeinern zu können, hat Doris diese Kräutersauce mitgebracht. In "Küchengeheimnisse des Mittelalters" wird erwähnt, dass zum Beispiel zu Taube eine Sauce aus Petersilie etc. gereicht wurde. Doris hat sie frei interpretiert mit Essig und Honig verfeinert und damit wohl einen Fixpunkt für die Tafel der IG 14. Jahrhundert in Wien geschaffen! So konnte man die Pasteten noch nach eigenem Ermessen "nachwürzen".

Überraschend: Wir hatten fast zu wenig! Aber jetzt wissen wir ja, wie gut sie ankommt!


Zimt-Senf

Den Zimt-Senf haben wir sozusagen von der Bachritterburg importiert! Sebastian hat ihn dort frisch angesetzt und gekocht und er passt hervorragend zu jeder Art von Fleisch und auch toll zu den Pasteten! Durch den Zimt kommt eine ganz ungewohnte aber sehr stimmige Geschmackskomponente zum Senf!




Konkavelite

Der Name dieser Süßspeise gibt schon Rätsel auf! Zur Erklärung habe ich dieses Zitat aus der Studienarbiet von Saskya Olympio "Die Untersuchung mittelalterlicher Kochrezepte am Beispiel "Daz buoch von guoter spise"" gefunden:

"Konkavelite ist eine cremeartige Süßspeise, die man aus einer kleinen Schüssel isst, und wohl auf das Wort "concavum electum", was so viel wie auserlesene Schüssel bedeutet, zurück geht."

Und so sieht eine gelungene Konkavelite aus:




Und was verbirgt sich dahinter? Kirschmus, dass mit Semmelbröseln angedickt wird, damit es stockt. Agnes von den Wienische Hantwërcliute 1350 hat uns damit den Nachmittag versüßt.

Als Alternative gab es noch Äpfel und Zwetschkenkompott.

Und damit steht auch für die Zukunft eines fest: Verhungern werden wir auf der Burg Liechtenstein sicher nicht!

Fotos: C. Currelli

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Es ist vollbracht!

Ich kann es selbst ja noch kaum glauben! Ja, es ist vollbracht!

Die Stickarbeit an meinem Almosenbeutel in Zählstickerei ist fertig! Ausgefertigt ist er noch nicht, aber das wird jetzt dann sicher auch bald mal kommen.

Hier aber ein Eindruck von der fertigen Arbeit:

Stickerei für einen Almosenbeutel in Zähltechnik

Mit der Rückseite bin ich nun nicht ganz so zufrieden, aber da muss ich ehrlich sagen, dass es mir zwischenzeitlich wichtiger war, fertig zu werden und ich daher alle anderen Überlegungen sehr in den Hintergrund gedrängt habe.

Und getreu den "Oskar"-Reden hier noch einige Dankesworte meinerseits:

Ich danke vor allem meinen Töchtern, die mich die ein oder andere Stunde an diesen Beutel "verloren" haben. Ebenso Familie und Freunden, die es geduldet haben, dass ich bei Plauderrunden immer nur Augen für meine Stickerei hatte. Und nicht zuletzt möchte ich auch meinem Arbeitgeber danken! Ja, tatsächlich! Das heißt jetzt nicht, dass ich während der Arbeitszeit gestickt hätte! Aber durch die Übersiedlung ans andere Ende Wiens habe ich täglich 2 mal 35 Minuten relativ ungestörte Schnellbahnfahrt "dazugewonnen". Da ist schon einiges weitergegangen!

Sobald nun wieder ein wenig Zeit, Energie und Hobby-Motivation da ist, werde ich mich an die Endfertigung wagen und natürlich weiter davon berichten!

Und nochmal, weils so schön ist:

Foto: C. Currelli

Dienstag, 1. Oktober 2013

Fundstück der Woche .. Woche XL

Da wär mal wieder eines .. ein Fundstück der Woche! Und es ist NICHT dieser Link, obwohl der aufgrund seiner Bedeutung in eigenes Fundstück der Woche ist .. der Lutrell-Psalter ist nämlich endlich online gegangen!

Und weil es ja sehr wenige so detaillierte Bildquellen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gibt (in diesem Fall 1325 - 1340) muss man darin ja herumblättern ..

Und da wars dann auch:

British Library: Lutrell Psalter
Folio 53 recto

Ein wunderschönes kleines Bild einer Frau (?) mit Paternosterschnur, und noch dazu einer geschlossenen Paternosterschnur .. sehr selten und ein kleines, feines Puzzleteilchen für die religionsbezogene Realienkunde. Und jetzt ... geh ich weiterblättern!