Mittwoch, 27. Juni 2012

Eine knöcherne Kleinigkeit

So, nachdem ich mein letztes größeres Werkstattprojekt (Messer + Scheide) schon einige Zeit abgeschlossen ist habe ich mich mal dem Verarbeiten von Knochen zugewandt.

Die Gürtelgarnitur aus Rinderknochen ist im Entstehen, dazu wird aber noch ein eigener Artikel folgen. 

Heute möchte ich eine Kleinigkeit vorstellen um die mich meine Frau gebeten hat. Sie befindet sich ja gerade mitten in der Arbeit an ihrem bestickten Almosenbeutel und braucht für die Nestllöcher welche das Zugband zum Verschließen aufnehmen sollen eine Art Ahle um die Löcher vor dem Umfassen vorzustechen. Dabei soll das Grundgewebe und die Stickerei nicht beschädigt werden, der Stoff soll also gewissermaßen nur "verdrängt" werden.

Für nachmittelalterliche Lochstickereien werden für eben solche Zwecke Knochennadeln eingesetzt und obwohl das natürlich kein Beleg für die Verwendung von Knochenahlen in der hochgotischen Almosenbeutelherstellung ist, scheint eine entsprechende Form aus Knochen eigentlich recht praktisch. Dieses Rohmaterial ist leicht, lässt sich sehr gut bearbeiten und vor allem sehr glatt polieren. Letzteres ist der entscheidende Faktor, wenn man versucht die zu verdrängenden Fäden auf keinen Fall zu beschädigen.

Also hab ich eine einfache Knochenahle gebaut, mit rundem Querschnitt im gesamten unteren Bereich und einem quaderförmigen Kopf mit gefeilter Linienverzierung und hoffe mal, daß sie uns bei noch so einigen Nestellöchern die vor uns liegen gut Dienste leisten wird.


Dieses Nähzubehör wird natürlich sofort ins Nähkörbchen meiner Frau wandern, welches sie eigentlich schon des Längeren mal detailliert vorstellen wollte ... ist wohl Zeit sie charmant und vorsichtig dran zu erinnern.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Zeichen der Religiosität II

Nachdem wir uns im letzten Teil jene Gegenstände der persönlichen Religiosität angesehen haben die durchaus bekannte moderne Entsprechungen haben, kommen wir nun also wie angekündigt zu den etwas ausgefalleneren Stücken.
Bevor wir hier allerdings ins Detail gehen noch eine kleine Anmerkung zu der schon im ersten Artikel und hier erneut als Bild gezeigten Zusammenstellung von Objekten.


Obiges Bild sollte wirklich nur als künstlich arrangierte Montage von Objekten mit religiösem Hintergrund gesehen werden, eine an einer Person summierte Repräsentation all dieser Devotionalien hätte vermutlich auch in der von Glauben und Religiosität getränkten Hochgotik leichte Verwunderung bis skeptisches Kopfschütteln ausgelöst.
So wie bei allen anderen Dingen in der Darstellungspraxis sollte auch bei den religiösen Aspekten ein repräsentativer Querschnitt gezogen werden.

Beginnen wir nun die Fortführung unseres Exkurses mit den Pilgerzeichen, sie liegen als archäologisches Fundgut recht häufig und in erstaunlicher Vielfalt vor. Sie wurden einerseits als Kennzeichnung erfolgreicher Wallfahrt auf Hut oder Tasche getragen und neben ihrer Bedeutung als profane Erinnerungsstücke auch als heil- und segenbringendes Devotional behandelt.

Die Pilgerzeichen des Mittelalters waren meist aus Zinn gegossene, flachreliefartige Objekte mit eindeutig auf den am Wallfahrtsort verehrten Heiligen zugeschnittener Symbolik.


Bei dem hier links abgebildeten Pilgerabzeichen handelt es sich um das Zeichen für den Hl. Elegius (Patron der Goldschmiede und Sattler), dessen Reliquien im Dom von Noyon, Frankreich und als Einzelreliquie in Aftholderberg, Deutschland vorliegen. Die von mir dargestellte Figur des "Niklas der Riemer", ein Wiener Gürtlermeister um 1340, trägt das Abzeichen seines zünftigen Schutzpatrons am Hut appliziert.

Das rechte Pilgerzeichen hingegen stammt aus einem der christlichen Pilgerziele schlechthin, es ist das Abzeichen der Hl. Drei Könige und war von Pilgern in Köln bei der Wallfahrt zum Dreikönigsschrein zu erwerben. Das abgebildete Pilgerzeichen ist auf einer Gürteltasche befestigt, die nach der geistigen Vorlage eines möglicherweise im Kölner Devotionalienhandels erworbenen fiktiven Erinnerungsstückes gefertigt wurde. Da ich bei meinem Besuch in Köln dank eines hervorragenden Gastgebers (Danke, Udo!) auch einige sehr vergnügte Stunden verbringen durfte ist das Erinnerungsstück andererseits gar nicht mal so fiktiv.
Bei der gestaltenden Lederprägung wurde mit dem Anbringen der kreuzförmigen Punzierungen und der das Pilgerzeichen umrahmenden Linien der Tatsache Rechnung getragen, dass das Pilgeremblem als nicht erst nachträglich appliziert erscheinen sollte.

In der religiösen Praxis noch weiter von modernen Gewohnheiten entfernt ist das nächste Objekt, ein Andachtstäfelchen in Dyptichonform. In den beiden aus Buchenholz geschnitzten Flügeln findet man auf Kreidegrund Teile der "Arma Christi", also gewissermaßen Teile des "Wappen Jesu" abgebildet, es fand seine Verwendung vermutlich bei privater Andacht und Gebet.


Im Zuge der schwierigen ersten Jahrzehnte des 14.Jahrhunderts, welche von Missernten, extremen Dürrephasen und anderen Katastrophen geprägt waren, bildet sich in der religiösen Praxis eine verstärkte Verehrung des Leiden Christi heraus die sich in der vermehrten und deutlicheren Abbildung der Passion in der gotischen Kunst wiederspiegelte. Die Einzelaspekte des Leidensweges wurden, wie auf hier auf dem Andachtstäfelchen abgebildet herausgehoben: die Dornenkrone, die durch das fahlgelb noch herausgestrichene züchtigende Hand des Juden, das Essiggefäß mit dem am Stock befindlichen Schwamm und natürlich die Wunde die Jesus am Kreuz empfing.
Das auf 1330 bis 1350 datierte Original nachdem diese vereinfachte Version entstanden ist besteht aus Elfenbein und befindet sich im Victoria & Albert Museum in London.

Beim letzten der mutmaßlichen Besitztümer die ich präsentieren möchte begeben wir uns offen und ehrlich gesagt uns bereits deutlich über die Grenzen der guten Belegbarkeit hinaus in die Grauzonen der Spekulation.


Die Vorlage dieses Objekts, nennen wir es mal Amulett, ist ein englischer Bodenfund des frühen 14.Jahrhunderts. Das im original aus Blei bestehende Kreuz habe ich hier als Knochenschnitzerei nachgebildet, es trägt die eingravierten Buchstaben "A G L A", ein Akronym für das hebräische "Atoh Gebor Leolam Adonai", in einem einfachen Versuch mal übersetzt als "O Herr, du bist auf ewig mächtig/groß". Zusätzlich zu der Verwendung eines hebräischen Akronyms auf dem christlichen Symbol schlechthin weist das AGLA-Akronym auch noch eindeutig auf kabbalistische Mystik hin, christliche Kabbalistik wird aber erst ab dem 15.Jhdt. angenommen. Ein kleines Rätsel also, und aus diesem Grund habe ich diese adaptierte Rekonstruktion für mich auch mehr in der Richtung "Aberglaube und Mystik" als in Richtung "klare,  christliche Religiosität" eingeordnet. 
Auf jeden Fall gibt es der sonst meist recht nüchtern Realitätsbetrachtung, in die man als erwachsener Darsteller europäischen Mittelalters leicht verfällt, einen Hauch jener geheimnisumwitterten Mysterienwelt wieder die bei der oftmals geforderten Ernsthaftigkeit in Bezug auf Geschichte sehr leicht verloren geht. 
Bei einer ehrlichen Betrachtung der wenigen Überlieferungen mittelalterlicher Denkungsart erfolgt dieser Verlust aber wohl zu Unrecht.

AKTUALISIERUNG: 
Mittlerweile hab ich in der Literatur (Binding Words: Textual Amulets in the Middle Ages) Hinweise darauf gefunden, dass diese Art Amulette im Spätmittelalter gar nicht so ungewöhnlich war, das AGLA-Akronym wird in einer anderen Quelle (The Portable Antiquities Scheme) als ein Zauber gegen Fieber genannt.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Zeichen der Religiosität I

Heute möchte ich mich einem Thema zuwenden, das bei der Darstellung hochgotischen Lebens und auch generell bei mittelalterlichen Darstellern oft sehr nachlässig, wenn überhaupt, behandelt wird - die Gegenstände zur persönlichen Religiosität.

Prinzipiell ist davon auszugehen, dass der mittelalterliche, europäische Mensch des 14.Jahrhunderts gläubig war.
(Und, auch wenn es eigentlich klar sein sollte, Anhänger des christlichen, katholischen  Glaubens ! Der Faszination von Neopaganismus oder mythisch-keltischer Götterwelt mag man ja privat gerne erliegen, in der hochgotischen Darstellung hat sie allerdings nichts verloren)

Doch bereits in der Tiefe dieses Glaubens begegnen und die erstaunlichsten Facetten von engstirniger Frömmelei bis hin zum echten Atheismus. Gerade im Umfeld der von der römischen Amtskirche verurteilten Ketzerbewegungen gab es auch ein erstaunlich hohes Maß an Zweiflern. (als gute Quelle zum Thema Glauben in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts empfehle ich "Montaillou - Ein Dorf vor dem Inquisitor").

Für eine fundierte Sach-Darstellung wichtiger als die Frage nach dem Glauben des gotischen Menschen ist aber die Frage nach seiner Religiosität. Und auch hier kann man prinzipiell davon ausgehen, dass der Mensch dieser Zeit religiös geprägt war. Messen, Beichte, Stundengebete und viele andere Ausprägungen der Religiosität waren fest in den Lebensalltag der mittelalterlichen Leute integriert.

Wir wollen also nun einige Dinge betrachten, de für die glaubwürdige Darstellung eines religiösen Wieners um 1340 eine Rolle gespielt haben könnten.


Beginnen wir beim offensichtlichsten Zeichen christlicher Religiosität, dem Kreuz. 
Erstaunlicherweise müssen wir feststellen, dass ein sichtbar getragener Kreuzanhänger in Abbildungen oder figürlichen Darstellungen abseits der klerikalen Personendarstellung so gut wie nie zu sehen ist. Zwar gibt es im archäologischen Fundmaterial immer wieder Kreuzanhänger aus verschiedensten Materialien, aufgrund der Quellenlage müssen wir jedoch davon ausgehen, dass diese Gegenstände persönlicher Religiosität nicht für alle sichtbar getragen wurden.

Eine Replik eines solchen Kreuzanhängers aus Silber möchte ich hier kurz im Bild vorstellen, ich trage diesen Anhänger an einem blauen, geknüpften Seidenband unter meiner Kleidung.
Es handelt sich hierbei um eine etwa daumennagelgroßes, gleichschenkeliges Kreuz mit kugeligen Schenkelenden und einer zentralen, mit schräger Musterung versehenen Mittelplatte, das Kreuz ist in meiner Dokumentation (leider etwas ungenau) auf das 14.Jhdt. datiert.


Ein weiteres, durchaus auch schon bei Mittelalterdarstellern zweifelhafter Qualität zu beobachtendes, religiöses Accessoire ist die Paternoster- oder Gebetskette, eine Vorform des heute bekannten und gebräuchlichen Rosenkranzes (das Aussehen des heutigen, geschlossenen Rosenkranzes mit der üblichen Unterteilung und dem Kreuzanhänger kam erst mit dem 15./16. Jhdt. in Gebrauch).
Die hochgotische Paternosterschnur war eine aus (einer aus den meisten Quellen nicht näher bestimmbaren Anzahl) Gebetsperlen bestehende Kette welche oft in regelmäßigen Abständen von hervorgehobenen Perlen anderer Größe oder Machart unterbrochen wurde. Welche Gebete für die einfachen bzw. besonderen Perlen zu leisten waren ist unklar, Ave Maria und Pater Noster ("Vater unser") wären eine Möglichkeit, auch die Psalme werden immer wieder genannt. 2 solche Paternosterschnüre möchte ich hier vorstellen. 

 

Der kürzere der beiden hat gedrechselte, unbehandelte Beinperlen in Verbindung mit ebenfalls gedrechselten und dann rötgefärbten Perlen aus Bein, aufgezogen auf einer roten Seidenseele mit Quasten an beiden Enden. Solch kurze Paternoster sind auf Abbildungen späterer Zeit meist an männlichen Trägern zu beobachten.
Frauen hingegen tragen auf den Abbildungen oft sehr lange Paternosterschnüre, die hier nur in einem Teil der gesamten Länge gezeigte Variante hat 150 einfache Knochenperlen für die 150 Psalme und hervorgehobene Perlen aus Bernstein. Hier ist ebenfalls eine Seidenseele, diesmal in Gelb, das Trägermaterial und auch die Abschlußquasten sind wie bei der kurzen Variante an beiden Enden.
Erst für das späte 14.Jahrhundert sind als Abschluss Anhänger belegbar, so erwähnt Geoffrey Chaucer in seinen um 1390 entstandenen Canterbury Tales einen Paternoster mit einem goldenen "A" als Anhänger. (das "A" steht dort für "Amor vincit omnia" - "Liebe besiegt alles").

Mit der hochgotischen Version des modernen Rosenkranzes wollen wir also für heute schließen, in der Fortsetzung dieses Artikels, "Zeichen der Religiosität II" werden wir uns dann die, für moderne Menschen eher ungewöhnlichen Exemplare persönlicher, religiöser Ausstattung ansehen !

Dienstag, 12. Juni 2012

Viel los um 1332 ...

Und weil wir gerade bei Handschriften waren .. ich glaube so etwas nennt man heute ein Wimmelbild

aus einer Utrechtschen Reimbibel um 1332 )
Quelle: Museum Meermanno-Westreenianum

EINSTEIGER IV - Bilderg'schichten

Als weiteren Schritt auf der Leiter zum ernsthaften Geschichtsdarsteller wollen wir heute die Sprosse der zeitgenössischen Handschriften als Quelle für unserer Darstellung erklimmen.

Handschriften sind neben den archäologischen Zeugnissen, den figürlichen Darstellungen in Form von Statuen und Grabplatten, der Fresko- und Glasmalerei und natürlich den zeitgenössischen Textquellen in Form von Kleiderordnungen, Rechnungsbüchern etc. eine der wichtigsten Grundlagen zur Erarbeitung textiler Rekonstruktionen. Wie bei allen Quellen ist bei der Interpretation natürlich Fingerspitzengefühl gefragt, kaum einmal kann etwas einfach wie abgebildet übernommen werden.

Stets muss man sich ein Vielzahl von fragen stellen .. warum wurde etwas abgebildet ? Was ist rein symbolhaft, was übertragbar ? Wer ist die abgebildete Person und welche Relevanz besitzt die Abbildung für meine Darstellung ? etc .. etc. .. (einen sehr guten weiterführenden Artikel zu dem Thema findet man übrigens bei den Wienischen Hantwerkliuten !)

Trotzdem scheint mir gerade die kritische Auseinandersetzung mit passenden Quellen ein wichtiger Schritt zu sein, um ein Gefühl für die Zeit der Hochgotik zu entwickeln. Außerdem bietet die Beschäftigung mit den großteils geistlich motivierten Quellen auch die wunderbare Gelegenheit sich in die christliche Glaubenswelt des Mittelalters einzuarbeiten.

Also habe ich die für die Darstellung um 1340 bedeutsamsten Handschriften unserer Region herausgegriffen und möchte meinen Besuchern und Lesern so die Möglichkeit geben, bei ersten Rechercheversuchen schon mal die würzige Luft gemalter Geschichte zu schnuppern.

Oberösterreichische Biblia pauperum 1310 - 1320, Stiftsbibliothek St. Florian cod. III 207
Eine recht konservative angelegte, modisch noch stark im 13.Jhdt. fußende Handschrift.
(Link: IMAREAL, Suchbegriff: Bildnummer 003012, dann einfach weiterblättern)


Wiener Neustädter Willehalm-Zyklus, 1320, Österreichische Nationalbibliothek cod. 2670
Modisch meist unspektakulär und sehr typenbehaftet, aber schöne Beispiele für mi-parti Mode.
(Link: IMAREAL, Suchbegriff: Bildnummer 005981, dann einfach weiterblättern)


Schweizerische Liederhandschrift "Manesse", 1310-1315 bzw. 1330
Höfische Mode ! und noch dazu in 2 Zeiträumen entstanden. Relevanz muss zwischen Grundstockmaler und Nachtragsmalern unterschieden werden, die Nachtragsmaler sind für uns eher von Bedeutung.
(Link: www.manesse.de)

Wiener Biblia pauperum, 1330 - 1340, Österreichische Nationalbibliothek cod. 1198
Neufassung der St.Florian-Handschrift (siehe oben), immer noch recht konservativ aber in einigen Details dem Geschmack des Entstehungszeitraums angepasst.
(Link: IMAREAL, Suchbegriff: Bildnummer 005436, dann einfach weiterblättern)


Österreichisches (?) Speculum Humanae Salvationis 1330 - 1340, Österreichische Nationalbibliothek cod. s.n.2612
Schön illustrierte und sehr repräsentative Handschrift ohne Modetorheiten.
(Link: IMAREAL, Suchbegriff: Bildnummer 007159, dann einfach weiterblättern)


Niederösterreichische Concordantiae caritatis, 1349 - 1351, Stiftsbibliothek Lilienfeld cod. 151
bedingt durch die Entstehungszeit ist hier bereits Vorsicht geboten, teilweise schon sehr extravagant.
(Link: IMAREAL, Suchbegriff: Bildnummer 003884, dann einfach weiterblättern)


Andere Handschriften, wie der "Lutrellpsalter" oder der "Alexanderroman" des Jehan de Grise, sind mit Sicherheit prächtigere Arbeiten der mittelalterlichen Buchmalerei, doch trotz ihrer zeitlich passenden Einordnung ist schon deutlich mehr Fingerspitzengefühl nötig um sie richtig zu interpretieren oder gar umzusetzen. Deshalb, Schuster bleib bei deinen Leisten .. und wir bleiben bei dem was unsere Region zu dem Thema abliefert.

Also, auf die Plätze, vor die Monitore und fröhliches Klicken .. es gibt viel zu Entdecken !

Welcome to all international visitors!

We are very glad to see that visitors from all over the world are interested in our blog!

At the moment we find it challenging enough to manage the blog itself and therefor decided to concentrate on the content in german. But to see all those visits makes us very happy and we want to welcome all of you!

We won't be able to provide all information in english at the moment but want to invite you to leave us a comment, if you are interested in a special topic!

For the beginning we'll share our intentions with you:

This blog will deal with everything we encounter throughout our journey through the late middleages in Austria or what we create ourselves on this behalf.

To occupy oneself with a historical era gives room for a countless things. Those range from visiting "medieval markets" (where you won't find anything medieval) to sophisticated reconstructions from the first half of the 14th century.

It was very beneficial for us to visit other blogs and we learned a lot of things and therefor we would like to share our experiences with you and show you our favourites!

Freitag, 8. Juni 2012

Update zum Almosenbeutel in Gobelinstich

Nach langem nun auch hier ein Update! Weit bin ich mit meinem Seidenstrang in Rot ja leider nicht gekommen - ich schätze, es wird wohl die Hälfte sein. Erwähnenswert ist wohl noch, dass ich den Strang - bestehend aus 6 Monofilament-Fäden - in die Hälfte geteilt habe und somit mit jeweils 3 Fäden sticke.

Fortschritt mit 1 Seidenstrang (6,5 m) auf die geplante Größe

Aber ich habe mich dann mit der Mengenberechnung auseinandergesetzt und auch schon Seide nachbestellt! Die Größe des Beutels habe ich nun mit 13 x 16 cm geplant.

Natürlich war ich aber nicht untätig und habe mit den anderen Farben weitergemacht. Mit der Farbkombination bin ich sehr zufrieden! Die Deckkraft der blauen Fäden entspricht nicht ganz meinen Vorstellungen (mir scheint, rot deckt viel besser weil die Fäden ein wenig stärker sind) aber ich tröste mich damit, dass der erste Beutel ja nicht gleich perfekt werden kann!

erste Eindrücke von der Farbkombination
Sophia

Eine passende Messerscheide .. der Abschluss

Kommen wir also zu den abschließenden Schritten auf dem Weg zum gewünschten Scheidenmodell.

Bei den Funden, die man in Varberg (Schweden) im Zusammenhang mit dem "Bocksten-Mann" machte, war auch eine besondere Messerscheide. Das Modell das der Bocksten-Mann trug, besaß eine Art Verschlusskappe, die man auf das Heft schieben konnte. Der Zweck dieser Kappe kann nur vermutet werden, Möglichkeiten wäre eine Schutzfunktion vor Regen oder um des Messerheft vor Beschädigung zu schützen. So eine Kappe wollte ich bei meiner neuen Scheide auch machen !

Das mir zur Verfügung stehende Bildmaterial des Fundguts ist leider sehr schlecht, die genaue Konstruktion des Heftkappe ist dort nicht zu erkennen. Da ich jedoch die Scheide mit geometrisch, floralen Muster verziert habe, beschloss ich dieses Mustern auch auf der Kappe fortzusetzen. 

Einprägen der Musterfortsetzung

Nach dem Einprägen des Muster habe ich die Löcher zum Vernähen mit der Ahle vorgestochen.
Für die Längsnaht habe ich mich genau wie bei der eigentlichen Scheidecfür eine außen liegende Naht in einfachem Heftstich entschieden.

Fertig längsvernähte Heftkappe

Für den oberen Abschluss der Kappe habe ich mich hingegen für eine "sauberere" Nahtvariante entschieden und einen Stich gewählt, bei dem der Faden auf der Narbenseite ins Leder führt und auf der Schnittkante wieder austritt. Dadurch wird die Kappe von oben sauberer Aussehen und schließlich ist die Ansicht von oben genau das, was ich immer vor mir haben werde wenn ich runter auf mein am Gürtel hängendes Messer schaue ;-).

Nahtverlauf an der Oberseite der Kappe

Nachdem die Naht geschlossen war, habe ich die fertige Kappe noch etwas befeuchtet, auf einen Holzstiel geschoben und in Form geklopft. Auch die Rückennaht wurde nochmal flachgehämmert.

Die fertige Kappe

Alles was nun noch fehlte, war der Aufhängungsriemen, der einerseits die Messerscheide mit der Kappe verbinden und andererseits eine Befestigungsmöglichkeit der Scheide an den Gürtel besorgen sollt. Dafür habe ich mit der Ahle entsprechende Löcher in die Kappe und Scheide gestochen und den verbindenden Lederriemen eingefädelt.


 Danach waren alle Arbeiten erledigt, die Scheide wurde mit Rindertalg noch etwas eingefettet und mit einem Leinentuch poliert. Zum Abschluss nun das Endergebnis in einigen Bildern:


Donnerstag, 7. Juni 2012

Eine passende Messerscheide .. der Anfang

Nachdem mein neues Messer jetzt doch schon einige Tage fertig bei mir herumliegt, wurde es langsam Zeit eine Messerscheide dafür in Angriff zu nehmen.
Über das Motiv habe ich mir einige Gedanken gemacht. Ich wollte etwas eher Ausgefallenes, eben zum Messer passend, und habe mich von Scheidenfunden aus der ersten Hälfte des 14.Jhdts.aus London inspirieren lassen.

Als Material habe ich ein 3 mm starkes, fettgegerbtes Rindsleder genommen. Das verwendete Leder ist steif genug um seine Funktion als Scheide zu erfüllen, lässt sich in nassen Zustand gut formen und nimmt eine Prägung sehr gut an.

Als ersten Schritt habe ich ein passendes Lederstück mit Wasser getränkt und es um das Messer geformt, der Übergang vom Heft zur Kling ist hier der kritische Punkt. Danach habe ich mit dem Messinggriffel der sonst bei meiner Wachstafel dabei ist die Umrißlinien für den zu prägenden Heft- und Klingenbereich gezeichnet und das Leder antrocknen lassen.

Nach dem Antrocknen habe ich mit dem Einritzen der Grundmotive begonnen.

Scheidenleder mit geprägtem Grundmuster

Nachdem das Grundmotiv festgelegt war habe ich weitere Details ausgearbeitet und den Bereich außerhalb der eigentlichen Schauseite ebenfalls grob verziert. Die unten erkennbaren, äußeren Halbbögen kommen also später an der Seite und Rückseite der Scheide zu liegen.

Fertiges Muster mit dem zum Prägen verwendeten Werkzeug

Hier ist auch das Werkzeug zum Einritzen der Muster abgebildet. Ich verwende dafür ein kleines, fast stumpfes Messer. Wichtig ist das Leder nicht wirklich einzuschneiden und somit die glatte Narbenseite zu verletzen, sondern die gewünschten Motivlinien nur tief einzuprägen.

Nachdem die Verzierungen angebracht wurden, habe ich das durch die Restfeuchte noch geschmeidige Leder um das Messer geschlagen, erneut in die zukünftige Form gebracht und trocknen lassen.

Nach dem Trocknen hält die Messerscheide ihre Form von selbst und kann an der Rückseite vernäht werden. Bei diesem Arbeitsschritt stecke ich das Messer immer wieder in die Scheide um den Nahtverlauf zu kontrollieren und notfalls anzupassen.

Scheide beim Vernähen mit dem verwendeten Werkzeug (Ahle und Eisennadel)

Ich schneide den Überstand während des Vernähens stückweise weg, weil er mir sonst immer wieder mal beim Nähen im Weg ist.

Wegschneiden des Überstands knapp über der Naht

Als Naht verwende ich hier ein einfache Heftnaht. Man könnte auch eine Sattlernaht anbringen, da die Belastung der Naht allerings weit geringer als z.B. beim Schuhwerk ist, reicht eine einfache Naht hier aus. So wird die Scheide auf der Rückseite bis runter zur Spitze vernäht.

Naht an der Hinterseide der Messerscheide

Zum Abschluss wird der Überstand noch einmal knapp über dem Nahtverlauf abgeschnitten, das Leder entlang der Naht nach mal mit Wasser befeuchtet und die Naht mit dem Hammer flach geklopft.

Flachklopfen der Naht

Nun wäre die Scheide so weit fertig, nur das Anbringen der Bänder, um die Scheide an den Gürtel zu hängen, fehlt noch. Da ich aber noch etwas Besonderes mit der Scheide vor hatte, geht es nun weiter zu "Eine passende Messerscheide .. der Abschluss".

Montag, 4. Juni 2012

EINSTEIGER III - Wo krieg' ich das ?


Nun kommen wir also zum Beschaffungsartikel, für alle Kauflustigen sicher der schönste Teil der Einsteigerserie. Für diejenigen die eher unter Geldmangel leiden mag es schmerzhafter werden, aber, naja, da muss man durch.

Heutzutage ist es eigentlich schon recht einfach geworden, sich eine Anfangsausstattung zuzulegen, die meisten Dinge sind schon in brauchbarer Qualität zu kaufen. Selbermachen muss in der Basisversion eigentlich nur mehr der, der 1.) Geld sparen und/oder 2.) einfach gerne selber basteln will. Gerade 2.) ist aber eigentlich schon fast eine Grundvoraussetzung für eine illustre Karriere als Geschichtsdarsteller.

Ich gehe jetzt einfach mal salopp davon aus, dass die passende Literatur vorliegt, die Luxuskörper vermessen sind und schon die ersten Schnittvorlagen entwickelt und zu Papier gebracht worden sind.
Wir kommen also zu Punkt 1 unseres Einkaufszettels:

Stoffe - für bruoch, hosen, pfait und kitel sowie der Frauen Kopfbedeckung:
Kleidung besteht nun mal aus Stoff, also muss dieser beschafft werden. Es kommen in unserem Fall natürlich nur reine Naturstoffe in Frage und da die Farbgebung beim Pflanzenfärben eine deutlich andere (und auch deutlich schönere) ist als bei der chemischen Färbung wollen wir uns auf diese Art von Textilien beschränken. Dafür gibt es einige Möglichkeiten:

Wamdmalerei aus Konstanz, ca. 1320

- Naturtuche
führt Leinen, Seide und Wolle in allen erdenklichen Qualitäten für die spätere Pflanzenfärbung
- Färbehof
Der Name ist Programm, pflanzengefärbte Woll- und Seidenstoffe in verschiedenen Qualitäten.
Da wir von einer einfachen Darstellung ausgehen, würde ich bei Stoffen mit Einfachfärbung bleiben
- Bockscher Handwerksladen
Auch hier ein paar pflanzengefärbte Stoffe, ein großer Vorteil ist, daß man Renata Bock immer wieder mal auf Märkten antrifft oder selbst im Laden vorbeischauen kann. Außerdem bietet Renata ein spezielles Service an, das bei weitem nicht alltäglich aber für extreme Textillegastheniker schon recht nett ist: Sie näht mittelalterliche Kleidungsrekonstruktionen als Auftragsarbeit. Alles in Handnaht, Maßnehmen und Zuschnitt, pflanzengefärbte Stoffe und somit wenig bis gar kein Aufwand, allerdings natürlich auch eine Kostenfrage !

Bei der Stoffbestellung bitte auch auf die entsprechenden Garne achten, irgendwie muss man den Stoff ja auch zusammenkriegen. Außerdem wird das Garn auch für die nestel benötigt !

Bildquelle: www.manesse.de

Gürtel - der rieme:
Beim Gürtel ist gemäß der einfachen Darstellungslinie auch ein einfaches Modell zu wählen. Gürtel sind eigentlich auch etwas das mit gewissem Arbeitsaufwand selber gemacht werden kann, aber da man dafür Materialien aus verschiedensten Quellen, gute Fachliteratur und auch das entsprechende Werkzeug braucht werde ich zu einem späteren Zeitpunkt dazu noch einen eigenen Artikel schreiben. Wir bleiben daher vorerst beim Kauf:
- Lorifactor
Die Polen bieten auch recht einfache Modelle ohne aufwändige Punzierungen oder vielen Beschlägen, also genau das Richtige für die einfache Darstellung. Die angegebenen Datierungen sind eigentlich recht zuverlässig. Da ich meine Gürtel selbst baue, kann ich leider keine Erfahrungen aus erster Hand weitergeben, aber auf den Bildern sehen die Stücke gut aus.
- Tod's Stuff
Der Name wird euch in Laufe der Jahre in der Darstellungsszene immer wieder unterkommen, da gibt es an persönlicher Ausrüstung eigentlich so gut wie alles. Ein echtes Eurograb, oder, in dem Fall, Pfund. ;-)
Ich habe eine Armbrust von ihm und kann sagen: "Der Mann ist gut !"

Fresco von A. Lorenzetti, ca. 1338-1340
Schuhe - die schuohe
Man sollte es nicht glauben, aber bei der Darstellung sind Schuhe eigentlich das größte Problem. Wirklich gute Wendeschuhe in erstklassiger Verarbeitung sind dünner gesät als man glauben würde.
- Meister Knieriem
Maßschuhe in Topverarbeitung, Schuhe die wie eine 2. Haut passen, echt zum schwärmerischen Niederknien .. aber auch mit dem entsprechenden Preis. Hier muss man nur noch die Qual der Wahl erdulden und sich ein schönes, einfaches Modell oder für Selbstbastler einen Bausatz aussuchen. Absolute Kaufempfehlung von mir !
- cp-Schuhe
Christian Pohen bietet zwar auch eine Luxus-Lederwaren-Serie, aber interessant dürfte hier eher die W-Wendeschuh Kategorie sein, billiger als Knieriem - sowohl im Preis als auch der Machart. Für Einsteiger und deren erste Saison OK würde ich sagen.

Stecknadeln für die Frau - nâdele
Kurz gesagt, entweder Messingdraht aus dem Baumarkt und selbst machen,oder ..
- Reenactors

Zu guter Letzt - der hût
Beim letzten Punkt auf unserer Liste wird nochmal interessant, gute Filzhüte sind rar.
Auf fast jedem "Mittelaltermarkt" (also diesen Kostümveranstaltungen, die viel mit Rapunzel aber wenig mit der namensgebenden, historischen Epoche zu tun haben) steht irgendwo ein Stand mit Filzwaren herum. Ebenso auf den meisten Weihnachtsmärkten. Einfach ein entsprechendes Bild aus IMAREAL ausdrucken, mitnehmen und die Leute um das entsprechende Modell fragen. Bestellen.
Bezahlen. Lieferung abwarten. Fertig. Wenn es schnell ein neuer Hut werden soll, geht zur Not auch ..
- Vehi Mercatus 

So, damit wären wir mit dem virtuellen Einkaufsrausch auch schon durch, jetzt bleibt nur noch ...
... bleibt meinem Blog gewogen, es werden noch viele Detailartikel für EINSTEIGER folgen
... Viel Glück beim Schneidern und Werken
... wir sehen uns demnächst im 14.Jahrhundert

Sonntag, 3. Juni 2012

Hafnereiversuche

Den gestrigen Nachmittag haben wir in der "Potteria" zugebracht, einem kleinen Juwel des Töpferhandwerks in Wien. Dort kann man für eine Benutzungsgebühr die Töpferscheiben verwenden, erhält die dafür nötige Einweisung und wird mit Rat und Tat unterstützt.

Es war mein 2. Besuch dort und somit mein insgesamt dritter Töpferversuch. Langsam finde ich wirklich Gefallen am Hafnerhandwerk !


Das Zentrieren des Tons in der Mitte der Scheibe scheint das A und O zu sein, mit gut zentriertem Tonklumpen kann ich jetzt, selbst als Laie, schon historisch nah am Original befindliche Dinge herstellen.


Abgesehen vom Spaß an der Sache, ist es nett, neben Anna Axtmanns Hochklassekeramik die ich für meine Darstellung erworben habe, auch ein wenig Gebrauchskeramik zu besitzen.
Jetzt muß mir beim Mitnehmen meiner Keramik auf zweitklassige Veranstaltungen nicht mehr das Herz bluten.

Ich habe mich also gestern an ein paar Bechern versucht, und die Letzten sind schon ziemlich gut geworden.
Das Original des Abgebildeten, ein Fußbecher aus dem 14.Jhdt. (InvNr. IN MV 13.792) stammt aus dem in Wien ergrabenen Fundkomplex Wien 1, Fischerstiege 10/52 und wurde im Katalog "Keramische Bodenfunde aus Wien" publiziert. 


Leider war das Buch während des Arbeitens nicht immer zur Hand und so bemerkte ich erst zu spät, daß ich auf den leicht ausladenden Rand des Originals vergessen hatte. Ärgerlich, aber andererseits ist auch diese Randform hinreichend belegbar und nachdem ich die Sachen nach dem Brennen ohnehin abholen muss, wird sich da gleich die Gelegenheit ergeben, noch ein paar Becherchen zu töpfern.

Alles in allem also ein sehr erfolgreicher und vergnüglicher Nachmittag, einen Besuch in der "Potteria" kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen !