Montag, 27. Juni 2016

Das Wiener Wehrbürgertum in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts - Teil 4

Nachdem ich im Teil 2 der Serie "Das Wiener Wehrbürgertum in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts" schon auf das Ausfahren und seine Einsatzfälle eingegangen bin möchte ich hier noch einige Überlegungen zum "täglichen Brot", also dem Alltag der ausfahrenden Wiener Bürger im Einsatz eingehen. Und nein, es geht jetzt nicht um das Care-Paket das Mama Gürtler dem Sohnemann auf Kriegszug in die Tasche stopfte.

Zu all dem muss ich aber zu Beginn gleich sagen: Ich bin kein Militärhistoriker (meine taktische Erfahrung ist bereits mit zwölf Zinnfiguren auf einem grünen Tischtuch umfassend beschrieben) und die hier angestellten Schlüsse und Vermutungen stammen aus hunderten Quellen aus denen ich versucht habe ein sinnvolles Puzzle zu erstellen.

Diese Darstellung der Schlacht von Kortrijk (Courtrai) ist eine der wenigen aus der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts die (wahrheitsgemäß) einen KampfInfanterie gegen Berittene zeigt

Freitag, 17. Juni 2016

Alle Biester in die Käfige!

Moment ... bevor mir jetzt jemand das von mir oft bespendete "Greenpeace" auf den Hals hetzt oder gerade dabei ist das rollende Suizidkommando der "Vier Pfoten" zu bestellen: Mit "Biest" ist mein neues Dolchmesser gemeint!

Dolchmesser, 1.Hälfte 14.Jahrhundert, mit Plättchengriff

Donnerstag, 16. Juni 2016

Mein Schatz!!!!

Und damit ist diesmal ausnahmsweise nicht der mir Angetraute gemeint!

Was mich dieser Tage in Entzücken versetzt ist das hier:


Der Stoff für ein Kleid, das ich mir als nächstes vornehmen möchte. Nun mag man sagen: ja gut, schön. Der Stoff ist recht nett und schön gestreift; manche mögen meinen, vielleicht ein wenig bunt. Aber genau hier liegt der Wert!

Nicht nur dass er handgewebt ist, aus Garnen, die mit historisch belegten Pflanzen gefärbt wurden. Nein, das Wunder geht noch weiter ins Detail.

Und hier möchte ich kurz abschweifen: denn das ist durchaus ein Aspekt des Reenactment-Hobbys, den ich so sehr schätze! Unser Qualitätsanspruch zwingt uns geradezu, auf handwerklich gefertigte Produkte zurückzugreifen, denn industrielle Fertigungsweisen gab es im 14. Jahrhundert schlichtweg nicht. Und das ist es, wodurch wir viele liebe Menschen kennenlernen, die ihre Fähigkeiten hier in den Dienst der Sache stellen und viel Zeit, Geduld und Energie darauf verwenden zu recherchieren und sich in intensiver Kleinarbeit Fertigkeiten anzulernen, die sie brauchen, um die großartigen Repliken zu fertigen, mit denen wir uns dann umgeben dürfen. In vielen Fällen gibt es niemanden mehr, den man um Rat fragen kann, da viele der Handwerkstechniken oder Feinheiten in Vergessenheit geraten sind. Umso faszinierender finde ich es, wieviel Herzblut in die Fertigung all dieser Unikate fließt. Und das sehe ich ja laufend auch daheim, wenn mein mir angetrauter Schatz wieder an einem neuen Messer arbeitet.

Aber weben kann bei uns halt leider keiner so wirklich. Und schon garnicht auf dem Niveau der Handweberei Zeitensprung.

Und da vielleicht nicht ganz so viel Zeit aber ebensoviel Ernsthaftigkeit und Liebe zum Detail in die Erstellung von Blog-Beiträgen fließt, möchte ich hier gar nicht weiter zu den Hintergründen des Stoffes schreiben sondern einfach auf den Blog von Zeitensprung verweisen, der sich diesem Thema mit dem Titel "Extended Tabby" ausführlich widmet und wunderbar zeigt, wieviel Vorbereitungsarbeit notwendig ist, um so feine Dinge zu schaffen!

Und damit an dieser Stelle nochmal allerherzlichsten Dank an Silvia für diese großartige Arbeit!

Nun muss ich nur mehr den Mut aufbringen, den Stoff anzuschneiden....

Dienstag, 14. Juni 2016

Das Wiener Wehrbürgertum in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts - Teil 3

In diesem Teil möchte ich ein wenig mit der praktischen Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse über das Wehrbürgertum in Wien auseinandersetzen .. sprich: Was braucht man? Warum braucht man es? Und wann zieht man das Gerümpel eigentlich an?

Dazu nehme ich immer wieder Bezug auf die vorhergegangenen Artikelteile (Teil 1 und Teil 2). Es wär daher nicht schlecht wenn sich der geneigte Leser (und auch die, die gerade sitzen beim Lesen) die entsprechenden Teile auch zu Gemüte führt. Außerdem kommen die Realienartikel über die Beckenhaube und den Spieß immer wieder mal vor und werden dann an dieser Stelle um Links zu neuen Ausrüstungsgegenständen ergänzt.

Fußsoldaten um 1330-1340, Rückseite des Verduner Altar, Klosterneuburg

Sonntag, 5. Juni 2016

Das Wiener Wehrbürgertum in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts - Teil 2

Kommen wir also nun zum zweiten Teil des Artikels über "Das Wiener Wehrbürgertum in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts" und beschäftigen wir uns mit der vierten großen Aufgabe für die militärisch aktiven Mitglieder der Wiener Gesellschaft .. 

Das "Ausfahren" 

Neben den Verpflichtungen alles für die Stadt IN der Stadt zu tun kann man die Abhängigkeit der Stadt vom Landesherrn (im Gegensatz zur Reichsunmittelbarkeit und damit nur der Gefolgschaft zum römischen Kaiser) gut daran erkennen, dass die vom Herren gewährten Privilegien eben auch Pflichten mit sich brachten. Und einer dieser Pflichten war die Gefolgschaft zum Landesherrn in seinen militärischen Unternehmungen zu erfüllen.

Aber Wien wäre nicht (mein) Wien wenn alles ein wenig weniger wienerischer wäre. Und so brachten die Wiener zuerst ihren großmütigen Kaiser Friedrich II 1237 und später ihren Herzog mit Migrationshintergrund Rudolf I von Habsburg 1278 dazu dieses Recht .. hmm .. sagen wir mal "leicht" einzuschränken.

Im entsprechenden Stadtrechtsprivileg wurde also niedergelegt, dass die Wiener selbstverständlich stets und voller Inbrunst im Gefolge des Herzogs ausziehen würden um Heldentaten ungeahnten Ausmaßes zu vollbringen .. aber bitte nur einen Tag lang. Zum Abendessen müssten sie dann schon wieder daheim sein!
Genau formuliert wurde die Gefolgspflicht so, dass man keinen Bürger zur Heerfahrt zwingen durfte außer man zog Frühmorgens, bei Sonnenaufgang, los und war noch "pey de sunneschein" wieder zurück. Das dürfte dann dem Herzog vor allem bei (rein hypothetischen) Schlachten um das Wirtshaus in Perchtoldsdorf oder bei einer gepflegten Schlägerei unter Badegästen am Wiener Donauufer einen garantierten Sieg eingebracht haben.

EDIT: So wie es aussieht war die Seeligkeit der abendlichen Heimkehr tatsächlich um 1278 aus dem Stadtrecht gestrichen worden. Was bedeutet dass ich wohl doch noch eine Decke zu meiner Ausrüstung packen müssen. Ein Nachtlicht auch. Und ein Kuscheltier.