Samstag, 29. Juni 2013

Aus dem Winterschlaf erwacht...

... ist spät aber doch auch mein Schaffensdrang!

Habe ich im Winter wenigstens die Zeit zu lesen gefunden, brauchen nun auch meine Hände wieder etwas zu tun. Ganz untätig war ich seit dem Herbst zwar nicht, aber wirklich nenneswert wurde der Fortschritt erst in den letzten Wochen!

Und hier ist der Fortschritt an meinem Almosenbeutel in Gobelin-Stickerei:



Mit blau bin ich so gut wie durch. Die letzten Restchen in der linken unteren Ecke und der untere Rand kommen nächste Woche dran, wo ich dann auch endlich mit den weißen Anteilen weitermachen werde. Ja - weitermachen. Denn so ganz hat mich meine Neugierde nicht losgelassen, und ich musste schon einige Kästchen füllen, um einen Eindruck vom fertigen Werk zu bekommen!

Warum erst nächste Woche? Naja, es stehen noch einige andere Projekte an. Eine Chemise und ein neues Kleid für mich wollen auf jeden Fall noch für unseren heurigen Besuch auf der Bachritterburg gefertigt werden. Und diese Werke eignen sich nicht wirklich für meinen neuen "Arbeitsplatz".



Dem geübten Auge wird der Hinweis sicher aufgefallen sein! Die Schnellbahn ist meine neue Wirkungsstätte. Man beachte die farbliche Abstimmung zwischen meiner Stickerei und dem Interieur! Aber dazu im nächsten Eintrag mehr....

Donnerstag, 27. Juni 2013

Wurfzabelimpressionen

Irgendwie lässt mich das Spiel grad nicht los ...



 



Die richtige Rolle für die Frau von damals

Weil ich, wie im vorherigen Beitrag bereits berichtet, gerade am Drechseln war und der Buchenstecken nach dem Abwerfen von 40 Spielsteinen noch eine interessante Länge hatte, beschloss ich meiner Frau eine Freude zu machen und pünktlich zum Eintreffen der von ihr bestellten Seide noch ein paar Garnrollen zu machen.

Funde sind da ja leider etwas rar, in London gibt es einen gedrechselten und einen Vogelknochen mit fadenspuren. In York gibt es auch eine grehte Spule, dort allerdings aus Bein. Keine große Auswahl an Formen also. So blieb mir nur etwas zu improvisieren, dass sich irgendwie an die wenigen Vorlagen anlehnt:


Ich denke mal, sie sind ganz gut gelungen, das endgültige Urteil überlasse ich aber meiner lieben Gefährtin und der Welt da draussen. Bis dann!

Kleinvieh macht auch Mist

Also, mein Beitrag für zukünftiges Wurfzabel- oder Mühle-Vergnügen ist ja noch kaum trocken, da stellt sich schon die Frage nach den Steinen erneut.

Mit Bikkel en Been bin ich schon quasi handelseinig, so werden meine Spielsteine dann wohl aussehen:


Meine werden allerdings kleiner als die da, so ca 12mm im Durchmesser umd 5mm stark. Auch werde ich nur 2 Kreisverzierungen darauf haben.

Problem ist nur, dass sich das machen und liefern möglicherweise bis zum Bachritterburg-Termin nicht ausgehen wird. Das wäre natürlich sehr schade!

Damit ich meinen Töchtern aber nach der gelungenen Spielbrettpräsentation jetzt nicht sagen muss: "Nein, wir haben zwar Brett, Würfel und Regeln aber Spielen ist nicht!" hab ich mich noch an die Drechselbank gestellt und rasch ein paar Spielsteine aus Buche gedreht:

 
Unverziert liegen sie jetzt also da und werden wohl auch so schlicht bleiben, denn zum Spielen reicht es und sie werden ohnehin baldigst ersetzt. Jetzt muß ich nur noch die Hälfte davon mit Eisenbeize dunkel färben und dann steht dem Spielvergnügen endgültig nichts mehr im weg. Auf die beinernen Steine freu ich mich aber trotzdem wie ein Schneekönig!

Dienstag, 25. Juni 2013

Der will doch nur spielen ...

Heute wenden wir uns mal einem Thema zu, dass für meine Kinder das wohl wichtigste an der historischen Darstellung ist .. SPIELEN!

Um diesem ja durchaus berechtigten Wunsch nachzukommen, habe ich mich mal wieder in die Rechercheuniform geworfen und versucht einiges zu Brettspielen aufzutreiben. Anhaltspunkt war für mich da das aus 1283 stammende Libro de los juegos, das „Buch der Spiele“, von dem ich schon einiges gehört und gelesen hatte ohne mich näher damit zu beschäftigen. Tatsächlich fand sich nach ein wenig suchen ein gute englische Übersetzung im Netz.

Da mein Große zwar schon Schach spielt, mir aber das Zusammensuchen und Anfertigen einer historischen Schachgarnitur bisher doch zu mühsam war, habe ich mal auf Tables gestürzt, den in unserem Sprachraum Wurfzabel genannten Vorläufer des Backgammon. Und davon gibt es schon alleine in Alfonsos Buch mindestens 5 Varianten. Spannend!

Bevor ich aber dazu kommen kann, mir aus der Übersetzung irgendwie die verschiedenen Regeln herzuleiten, muss natürlich ein Spielbrett her. Also machte ich mich auf die Suche nach Quellen dafür und fand ein weite Bandbreite an Spielbrettern, von einfach in grobe Bretter geritzten Varianten hin zu aufwendig aus Knochen oder mit Intarsien versehen Stücken.

Da ich allerdings mit meinem Gürtler eine recht einfache, bodenständige Darstellung gewählt habe, schien mir ein, vielleicht nicht gar zu bäurisches aber doch einfaches Brett die richtige Wahl:
 

Als Grundmaterial diente mir ein etwa 1cm dickes, gehobeltes Brett aus Buchenholz, die Linien wurden durch tiefes Einritzen mit einem Eisennagel geschaffen. Zuerst setzte ich einen schmalen Rand entlang der Brettkanten, danach ritze ich die Zungen und die Mittelteilung ein. Um dem ganzen einen etwas schmuckeren Charakter zu verleihen, habe ich den Rand dann noch mit den im Mittelalter allgegenwärtigen Kreisaugen versehen:


Was mir, wie ich finde, besonders gut gelungen ist, ist das Aufeinandertreffen von regelmäßigen, geometrischen Formen und der bei vielen authentischen Werkstücken zu bewundernden leichten Schludrigkeit in den Verzierungen. Es mag ja auf den ersten Blick scheinen, als wäre ich nicht mal in der Lage ein paar Kreisaugen in regelmäßigen Abständen in ein Brett zu bohren, aber weit gefehlt: Ich bemühe mich bei meinen Rekonstruktionen viel mehr darum schnell zu arbeiten und gar nicht darauf zu achten ob das alles parallel und rechtwinkelig ist. Manchmal fällt mir das sogar echt schwer! Heute nicht.

Da aber Wurfzabel eben nicht alles ist was man spielen kann, habe ich das gute Stück Holz einfach umdreht und dort einen weiteren Spieleklassiker untergebracht: Mühle! Das Spiel sollte eigentlich jeder kennen und tatsächlich unterscheiden sich die meisten der mittelalterlichen Spielfelder gar nicht von den modernen:


Auch hier habe ich das Brett mit einem geritzten Rand versehen und danach die Spiellinien eingeritzt, an die besetzbaren Punkte kamen dann nochmal Kreisaugen. Schließlich hatte ich den Kreisaugenbohrer extra anfertigen müssen, da kamen mir ein paar mehr Augen gerade recht.

Was jetzt natürlich noch fehlt sind die Spielsteine, möglich wären da welche aus Holz oder Knochen, wobei ich letztere vorziehen würde, weil ich das Material einfach sehr gerne mag. Mal schauen was sich ergibt.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Schaut eine Frau auf die Waage und sagt ...

a) Oh, mein Gott!
b) Ui, ist die schön!
c) MEINE!

Wer jetzt einen Schenkelklopfer oder eine eindeutige Zweideutigkeit erwartet hat, muss leider enttäuscht werden. Frauenwitze sind nicht so mein Fall. Blondinenwitze übrigens auch nicht. Die sind ja angeblich alle wahr? Nein, keine Flachscherze!

Im vorliegenden Fall sind für Christina alle der drei obigen Antworten richtig. Bleibt nur zu hoffen, dass ich mit meiner Vorgabe der Antwortsätze richtig lag. So oder so, hier ist sie mal:


Vorlage für den Waggbalken ist ein Londonfund. (Ja, ich weiß, schon wieder! Und ja, ich weiß, es gibt auch Waagenbalkenfunde aus näheren Regionen. Das Schöne ist aber, an einem Waagbalken ist da kein großer Unterschied zu merken)

Wer Näheres über die Anfertigung der Waagschalen wissen möchte, ist herzlich eingeladen hier nachzulesen!

Für die Befestigung der Waagschalen an den Aufhängungen hab ich mich für S-Haken entschieden, sie sind genauso leicht zu fertigen wie Ringe haben aber den Vorteil sich nicht so leicht aufzubiegen:


Der Waagbalken hat an der Oberseite eine eingefeilte Kerbe in der der Waagenzeiger aus Buntmetallblech ruht. Der Balken ist durchbohrt und der Zeiger dann gegenvernietet worden. Im Zeiger selbst befindet sich ein ausgestanztes Loch, das die Niete für den Zeigerbügel aufnimmt.


Die Aufhängung schließlich ist aus einer verzwirnten Hanfschnur gemacht, für eine einfache Waage sollte das wohl reichen. Damit kann die gute Färberin jetzt darstellerisch ansprechend ihr Alaun und ihr Waid und ihre Disteln und das sonstige Unkraut einwägen. Jedenfalls wenn ich ihr dann die Gewichte dafür gemacht habe .. 

Mittwoch, 19. Juni 2013

Werdegang eines Messers II

Nachdem ich in einem früheren Artikel schon mal auf die grobe Vorgehensweise beim Messerbau eingegangen bin, möchte ich das heute noch durch ein paar Bilder aus dem Schaffensprozess vertiefen.

Es handelt sich, wie bei Messern aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts üblich um ein Griffangelmesser, mit einem Heft in Plättchentechnik. Näheres zur Technik und dem hochgotischen Messer im Allgemeinen gibt es auch hier und hier zu lesen.

Das erste Bild zeigt die Klinge mit der Griffangel sowie die bei dem Projekt eingesetzten Plättchen: Messing, Leder und Knochen.


Die Plättchen werden nur grob in Form und Größe geschnitten und mit einem Meissel werden die nötigen Löcher in Messing- und Lederteile gemacht und dann auf die Angel aufgeschlagen. Dabei ist es in beiden Fällen hilfreich, wenn der Meissel etwas schmäler ist als die Angel, so verkeilen sich die Blättchen beim Aufschlagen und halten fest auf der Angel. Für den Knochen muss man zuerst 2 Löcher bohren und diese dann durch ausfeilen zu einem Schlitz verbinden. 

 
Dann wird auch der Knochenteil vorsichtig auf die Angel geschlagen, er sollte, im Gegensatz zu den Messingplättchen,  locker sitzen, da er sonst beim Aufschlagen bricht.

Auf dem nächsten Bild ist das erste Plättchenpaket vor dem Aufschieben des Hefts zu sehen. Bei den Plättchenpaketen ist darauf zu achten, dass zwischen jedem harten Material (Holz, Messing, Knochen, Horn, Eisen etc.) und dem Nachbarplättchen ein Lederplättchen gesetzt wird. Nur so ist garantiert, dass das Heft nach dem Vernieten nicht zu wackeln beginnt.


Das nächste Bild zeigt uns den gesamten Heftblock, also das vordere und hintere Paket mit dazwischen liegendem Holzteil. 

 
Wenn man soweit gekommen ist, muss man das gesamte Heft nur mehr fixieren, in dem man die Angel mit dem hintersten Plättchen (in der Regel ein Metallplättchen) vernietet. 



Dieser Punkt ist auch der, der mich bisher von einer historischen Messererdarstellung abgehalten hat! Denn ohne die Klinge fest in einen Schraubstock zu spannen kriege ich das Vernieten nicht hin, und Schraubstöcke waren zu meiner Darstellungszeit noch nicht erfunden. Ich hab schon länger mal vor, alternative Methoden zur Fixierung der Klinge beim Vernieten zu testen, bin aber leider noch nicht dazu gekommen. Da würde ich natürlich über Feedback der Messermacher da draussen freuen!! Nun muss aber für diesem Punkt der moderne Weg her. 

Dabei wird das Messer senkrecht in den Schraubstock gespannt und an der Klinge (!) fixiert. Eigentlich logisch, denn wenn man den Griff einspannt und auf die Angel schlägt flutscht die Angel aus dem Heft.

Der Griffblock ist nun natürlich auf jeden Fall zu groß und auch völlig außer Form. Und da, nach dem Vernieten nämlich, beginnt auch der mühsame Teil des Messererlebens, das Raspeln, Feilen und Schleifen des Hefts.

Hier eine Abbildung aus dem Bruderbuch der mendelschen Zwölfbrüderstiftung aus Nürnberg, entstanden um 1425, diese zeigt einen Messerer beim Überarbeiten des Hefts:


Dazu nutzt er ein Stützvorrichtung die jener ähnelt die auch heute noch von Goldschmieden genutzt wird. Dabei wird das Werkstück gegen ein festes Objekt gedrückt und ist so einfacher zu bearbeiten.

Zuerst wird jetzt radial gearbeitet, das heißt ich bringe zuerst mit einer Feile die Plättchenpakete in die gewünschte Form in dem ich sie quer zur Angel überfeile. 


Wenn die Plättchen die gewünschte Form haben, schnappt man sich die Raspel und bringt den hölzernen Teil des Heftes nahe an die gewünschte Endform. 



Erst jetzt beginnt man das Heft axial, als entlang der Angelachse zu bearbeiten. Dabei arbeitet man eigentlich nur mehr mit einer nicht zu groben Feile um die Messingplättchen und den Knochen nicht gröber zu beschädigen oder gar das Leder auszureissen.



Wenn das Heft dann die gewünschte Endform angenommen hat (und das kann je nach Größe des Ausgangsblockes schon ein Weilchen dauern und einiges an Muskelschmalz kosten), fehlt eigentlich nur mehr mit einer feinen Feile und Schleifmitteln für die entsprechende Optik des Hefts zu sorgen.

So, das wars auch schon mit der Kurzanleitung .. ich würde mich freuen wenn ich entsprechende Rückmeldungen bekomme ob die Anleitung vollständig, verständlich oder überhaupt sinnvoll ist. Viel Spaß beim Messern!

Sonntag, 16. Juni 2013

Noch mehr zu Knochenstyli

Ich möchte euch natürlich auch nicht vorenthalten, was die Fachliteratur zu den Knochenstyli mit Metallspitze zu sagen hat:

Geoff geht in seinem "Medieval Household" davon aus, dass die gefunden Knochengriffel ohne Eisenspitze aus einer Bearbeitung stammen die vorgenommen wurde nachdem eine Metallspitze verloren ging. Gewissermassen als eine Theorie umgekehrt zu der meinigen. Und sie hat auch ein recht gutes Argument: Die reinen Knochengriffel haben eine etwas krude Spitz die tatsächlich recht improvisiert wirkt.

Das führte mich aber dazu, den Nutzen der Metallspitzen noch weiter zu hinterfragen. Heute Morgen haben Versuche dann eines gezeigt, mit der Metallspitze kann ich auch auf Schiefertafeln schreiben! Inwieweit das bei der Herstellung der in London gefundenen Styli eine Rolle gespielt hat kann ich nicht sagen, die Verwendung von Schiefer als Schreibmaterial wird nur gelegentlich in der Literatur angedeutet. Auf jeden Fall ist das Geschriebene nicht ohne Schleifmittel wieder löschbar.

Schreibversuch mit Metallspitze auf Schiefer

Anders sieht die Sache aus, wenn ich mit Schiefer auf Schiefer schreibe, dann nämlich ist der Abrieb für eine deutlich lesbare Schrift verantwortlich welche sich durch wegwischen auch wieder leicht beseitigen lässt. Für den Schulbetrieb ist das wohl die bevorzugte Lösung!

Schreibversuch mit Schieferstift auf Schiefer
Fazit: Da mir keine Funde von dauerhaft beschriebenen Schiefertafeln aus der gotischen Periode bekannt sind, muss meine Theorie der Verwendung von Metallspitzen für das Schreiben auf mehreren Medien unbewiesen bleiben.

Samstag, 15. Juni 2013

Sexy, sexy, sexy!

Da schleicht man an seinem freien Tag voller nervöser Unruhe durchs Haus, streichelt liebevoll über geschätzte Bücher und schon fällt einem etwas fast Vergessenes in die Hände. Nun muss ich etwas ausholen, und mich neben meiner durchaus ernsthaften Darstellungsbemühungen als begeisteter Rollenspieler outen. Ein zweites Standbein gewissermaßen, ein Zusatzhobby und irgendwie auch gleichzeitig der Ursprung der ganzen "Ich-will-mich-verkleiden-und-so-tun-als-würd-ich-in-einer anderen-Welt-leben"-Geschichte. Nur dass ich nach dem zitierten Urspringen eben nicht Richtung LARP geritten bin, sondern meine überbordende Phantasie im Rollenspiel belassen habe und das Studium von Regelbänden und Quellenbüchern weiter getragen habe in die Bereiche Archäologie und Geschichte.

Aber was fiel mir jetzt in die Hände? Es war das alte DSA-Abenteuer "Die Göttin der Amazonen"! Und was hat das jetzt mit diesem Artikel zu tun? Nun muß ich wieder etwas ausholen ...

Irgendwann hab ich mir einmal bei einem der zahlreichen Bastelwarenversender eine Treibmulde aus Holz bestellt. Ohne zu wissen wofür ich die mal brauchen kann und einfach nur damit mein Kugelhammer nicht alleine ist. Dann kam der, gar nicht lange vergangene Tag, an dem eine Tafel 0.6mm Messingblech in meine Hände fiel, und schon kam mir die Existenz meiner Treibwerkzeuge in den Sinn (Heißt das Werkzeug des Plattners eigentlich "Treibgut"?) und ich legte los:

Ich schnitt aus dem Blech einen Kreis und legte den in die Treibmulde. Das Blech war zu groß und stand über. Macht nix, einfach drauf los geklopft. Von diesem ersten Produkt hab ich leider kein Foto aber jeder der diese gefüllten, chinesischen Teigtaschen mit ihrer Knautschoptik kennt , weiß auch wie das ausgesehen hat. Ein Desaster.

Den nächsten Versuch könnte man vielleicht als Avant-Garde-Aschenbecher zum Einsatz bringen, wenn man ein Faible für chaotische Pop-Art hat.

Beim dritten hat's dann geklappt, und eines der beiden Schälchen kam als Ergebnis zum Vorschein:


Welches jetzt das erste war, weiß ich nicht mehr, denn auch wenn ich starke Zweifel hatte, je wieder ein gleich aussehendes, zweites Stück fertig zu bringen, so zeigte sich doch, dass diese herkulische Tat durchaus im Bereich meiner Möglichkeiten lag. Eine Woche nach dem ersten brauchbaren Stück hatte ich also zwei, und damit sind wir auf dem Weg zum Brückenschlag zu den Amazonen des "Schwarzen Auges".

Denn was liegt denn nun näher als diese wunderbaren Plattnerwerke umgehend als Brustschalen für einen Amazonenbikini zu verwenden?? Nix! Naja, fast nix, denn meine geliebte und mit Leidenschaft verehrte Frau ist, gottseidank, etwas prächtiger ausgestattet und so wären diese Nichtmal-A-Körbchen wohl kaum mit passender Wirkung einsetzbar gewesen. Dabei sahen die Amazonenbilder aus dem Abenteuerband wirklich anregend aus!

Aber was soll's, mach ich halt Waagschalen für eine Balkenwaage daraus und begrabe meine erotischen Phantasien in der Fachliteratur. Mahlzeit!


PS: Jetzt bich ich ja mal gespannt, ob das Auftreten der Schlüsselwörter "Sexy", "treiben", "Bikini", "Amazone" und "Körbchen" zu einem sprunghaften Anstieg meiner Blogbesucher führt.

Schreiben - eine nicht ganz selbstverständliche Sache

"Der Herr hat mich ja mit vielen Gaben gesegnet, gelobt sei er und sein Sohn Jesus Christus! Doch ein gutes Gedächtnis gehört nicht dazu. Da kommt es mir gut zu, dass mein Vater das Geld aufbringen konnte mich auf die Schule zu Sankt Stephan zu schicken. Dort hab sie mir das Nötigste an Lesen und Schreiben eingebläut und so bin ich heute einer der wenigen in unserer Gasse der so was Ausgefallenes kann. Und ich kann brav mitschreiben wer noch was ausständig hat. Meinen Kindern versuch ich das Schreiben auch beizubringen, die sollen es im Alter dann auch leichter haben. Aber schwer ist das schon!

- Niklas Riemer, Januar 1340 --"

Literarität war im Mittelalter bei weitem keine weit verbreitete Sache. Vor allem im klösterlichen und klerikalen Bereich war sie jedoch im Spätmittelalter schon sehr weit verbreitet und auch die aufstrebenden Stände des Bürgertums fanden durch die Erfordernisse des Handels immer mehr in die Schriftlichkeit.

Neben Büchern, einem nahezu unbezahlbaren und kostbaren Gut war das schreiben auf Wachstafeln um 1340 schon recht weit verbreitet. Zahlreiche Funde solcher Tafeln zeugen davon. So wurde z.B. in Lübeck ein wundervolles Set an kleinen Taschen-Wachstäfelchen gefunden, komplett mit einem Lederetui und der Aufnahme für den Schreibgriffel, den so genannten Stylus.

Wachstafelset mit Etui, vermutlich aus dem späten 15.Jhdt.
aus "Mittelalterliche Schreibgriffel aus Lübeck"
von Torsten Lüdecke und Ulrich Drenkhahn

Obwohl die Objekte in der obigen Abbildungen deutlich nach meiner Darstellungszeit zu datieren sind, finden sich doch ähnliche Dinge auch schon deutlich früher. So z.B. gibt es ein ähnliches Etui im Nachlass des Hermann von Goch aus dem 14.Jhdt. Dort sind allerdings Schiefertafeln enthalten.

Da ich derzeit intensiv an einem neuen und recht interessanten Gürteltaschenprojekt arbeite und immer noch am auflisten und nachdenken bin was man da denn so reinpacken kann, bietet sich ein Schreibgarnitur natürlich an, also entschloss ich mich die passenden Wachstafelfunde mit den passenden Funden aus anderen Komplexen zu kombinieren.

Es wir daher wohl ein kleines Wachstafeldyptichon werden, inklusive dem passenden Lederetui und einem Stylus aus Knochen, Teile davon sind schon fertig und sollen hier präsentiert werden:


In der oben erwähnten Publikation von Lüdecke/Drenkhahn "Mittelalterliche Schreibgriffel aus Lübeck"sind erwartungsgemäß eine Menge schöner Vorbilder enthalten, Griffel aus Eisen, Buntmetall oder Knochen. Trotzdem habe ich mich entschieden, für meine Stylus eine Vorlage aus dem Londoner Fundkomplex zu nehmen. Das liegt an mehreren Gründen, zum ersten mag ich die Themsefunde sehr gerne weil durch die enorme Zahl der gefundenen Objekte auch sehr Ungewöhnliches gut dokumentiert vorliegt, zum zweiten ist Lübeck ja auch nicht gerade um die Ecke und zum dritten hab ich ein gewisses Faible für Exoten, nachzulesen unter anderem bei den Artikeln über den Kerzenhalter und die Waage. Man kann mir also wohl begründet vorwerfen ich würde nicht genug auf den viel zitierten "repräsentativen Querschnitt" achten. Stimmt! ... und es ist mir bewusst .. und nebenbei auch völlig egal. Ich habe eine viel zu große Faszination für den Erfindungsgeist gotischer Tüftler um mich von so was abhalten zu lassen.


Daher finde ich gerade die Griffel aus London sehr speziell, denn sie besitzen eine, in den Grundkörper aus Rindsknochen eingesetzte, metallene Spitze. Warum man das so gemacht ist unklar, denn auch Rindsknochen besitzt bekanntlich die Eigenschaft sich nadelspitz verarbeiten zu lassen. Es wurden ja auch reine Knochengriffel gefunden, die dem selben Design entsprechen wie die Metallbespitzten. Möglich wäre daher, dass man einen Stylus mit abgebrochener Spitze durch das einsetzen einer metallischen gewissermaßen "restaurierte".


Das Wachs-Leinöl-Ruß-Gemisch habe ich mal wieder weniger nach überliefertem Rezept als nach Gefühl zusammen gemischt. Die erste Mischung war ideal was die Konsistenz anging, weich und nur leicht schmierig. Es sollte nämlich gleichzeitig weich genug sein um es stellenweise in einer dem radieren ähnlichen Weise wieder zu glätten, darf aber auch nicht so schmierig werden, dass eine gewisse Temperaturbeständigkeit nicht mehr gewährt ist. Aber die Farbe war eher ein dunkles Grau als das erhoffte Schwarz, also hab ich noch ein wenig Wachs und Öl dazu gegeben und eine größere Menge Ruß aus dem Kamin gekratzt, fein gemahlen und eingemischt.

Wie man sieht, passt die Farbe jetzt allerdings knirscht das ganze ein wenig beim Schreiben - zu viel Ruß! Trotzdem sind die Täfelchen hinreichend funktionell.

Das Etui muss ich jetzt natürlich auch noch machen .. und dann muss noch die Tasche fertig werden .. es gibt also viel zu tun, packen wir's an!