Sonntag, 24. Februar 2013

Das nenn ich gute Nachbarschaft ...

Zu erst einmal, ich lebe sehr gerne in Mauer! Es ist irgendwie ein bisserl wie am Land zu leben, nur halt mit den Annehmlichkeiten der Stadt, eine für mich gelungene Kombination.

Was aber die im Titel angesprochene Nachbarschaft angeht, könnte ich zufriedener nicht sein! Warum? Das zeigen dann hoffentlich die folgenden Bilder. 

Unsere lieben Nachbarn wandelten sich nämlich über die Jahre hinweg von einer Grüßbekanntschaft zu einer Schwimmteichbadegesellschaft, von da dann zu einer herrlichen Freundschaft, um zuletzt, gewissermaßen als Sahnehäubchen, auch noch in einer Darstellungspartnerschaft zu enden. 

So kam es also, dass aus Karl, Doris und Elias aus der Nachbarschaft der Schuhmacher-Karl und seine Familie wurde, und was mit den üblichen, auch von mir herstellbaren, ledersockenartigen Fußetuis begann, wurde zu einer fundliteraturbegeisterten Rekonstruktionsmanie im Wendeschuhbereich. Und die ersten wunderbaren Ergebnisse landen jetzt in Form eines Schuhpaarartikels hier im Blog:


Die Vorlage für dieses Paar ist der bei den Ausgrabungen in Schleswig gefundene Halbschuh der Form C (C. Schnack, Die mittelalterlichen Schuhe aus Schleswig, Taf.22, Nr.1380).

Die Sohle ist aus vegetabil gegerbten Rindsleder mit einer Stärke von 3.2mm, das Oberleder ist, ebenfalls pflanzengegerbter, Rinderhals und hat eine Stärke von 2mm. 

Der Schuh weist alle charakteristischen Elemente eines hochgotischen Schuhs auf, er ist wendegenäht, hat einen Dichtrand und eine Fersenverstärkung eingearbeitet, die an der Fußinnenseite liegende Schnürung ist im Oberleder ebenfalls verstärkt und der Schuh besitzt eine Schaftrandeinfassung.

Detail der Fersenverstärkung, seitlichen Verstärkung
und der Schaftrandeinfassung
Das Besondere an der Wendeschuhtechnik ist die Tatsache, dass kein Nahtmaterial an der Außenseite des Schuhs zu liegen kommt und somit die Nähte vor mechanischen Einflüssen von Außen geschützt sind.

Detail des Schuhinneren mit den Nahtverläufen
Schön, oder? Also ich persönlich entdecke ja bei Rekonstruktionen immer meine weibliche Seite .. ich habe nämlich scheinbar einen Schuhtick. War das jetzt sexistisch? Wenn ja, mögen alle hiermit gegenderten XX-Chromosomiten sich nun verentschuldigt fühlen!

Noch ein Abschlussapplaus für Karl den Schuhmacher .. und guten Abend!

Aufgelesen - Die Geschichte Wiens: Reinhard Pohanka





Beschäftigt man sich mit der Geschichte Österreichs und speziell auch Wiens im Mittelalter, sind einem manche Namen natürlich bald sehr geläufig. 

Einer davon ist Reinhard Pohanka. Geboren 1954 in Wien, studierte er Klassische Archäologie und Alte Geschichte, um 1981 zu promovieren. Kurator für mittelalterliche Geschichte und Archäologie am Museum der Stadt Wien.


Produkt-Information

Österreich im Mittelalter

Pichler Verlag Wien
ISBN 3-85431-293-8

Als zweiter Band einer "Geschichte Österreichs" gibt das Buch einen Überblick über die Geschichte Österreichs vom Übergang der römischen Herrschaft zu den Babenbergern bis zum 16. Jahrhundert. 

Einerseits behandeln die Kapitel zeitliche Abschnitte, andererseits behandeln sie thematische Schwerpunkte wie zum Beispiel Lebensorte, Gesellschaftspyramide oder das Wirtschaftsleben.

Das Buch enthält zahlreiche Abbildungen.

Produkt-Information

Wien im Mittelalter

Pichler Edition Wien
ISBN 3-85058-150-0

Der zweite Band aus der Reihe "Geschichte Wiens" umreißt in jeweils einem Kapitel die Babenbergerherrschaft und die Herrschaft der Habsburger bis Maximilian I.

Neun weitere Kapitel beschäftigen sich mit Themengebieten wie Stadtentwicklung, Verwaltung, Justiz usw. Jeweils ein weiteres Kapitel widmet Reinhard Pohanka den Sagen und Legenden sowie den mittelalterlichen Denkmälern im Stadtbild.

Auch hier runden zahlreiche Abbildungen das Gesamtbild ab.


Produkt-Information

Hinter den Mauern der Stadt

Verlag Böhlau
ISBN 3-70080-351-6

Ein lebhaftes Bild der Stadt Wien im Mittelalter zeichnet dieser "Zeitreiseführer". Sowohl die Entwicklung des Stadtbildes als auch Details zu den Bewohnern Wiens werden hier behandelt. 

Reinhard Pohanka geht hier nicht nur auf die Hintergründe mancher Straßennamen ein, sondern gibt uns auch einen Einblick in die unterschiedlichen Lebenssituationen. 

Ein abschließender Führer zu den Kunststätten im heutigen Wien macht Lust auf den ein oder anderen Stadtspaziergang.


Produkt-Information

Eine kurze Geschichte der Stadt Wien

Verlag Böhlau
ISBN 3-20598-919-8

Wie der Titel schon vermuten lässt, beschäftigt sich dieser illustrierte Band mit den einzelnen Epochen in der Geschichte Wiens. 

Eine Zeittafel, die Geschichte der Wiener Bezirke sowie eine Aufstellung der Wiener Landesherren von 976 bis 1918 runden die Informationen neben einer Liste der historischen Bauwerke in Wien ab.

Samstag, 23. Februar 2013

Aufgelesen

 


Wir haben ja begonnen, eine kleine Wien-Chronik für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zusammenzutragen. Natürlich sind die Geschichten das Ergebnis von ausgiebiger Lektüre der Literatur zu Wiens Geschichte. Einerseits lesen und recherchieren wir im Internet, aber hauptsächlich kommen die Informationen aus einer Vielzahl von Büchern - teils in unserem Besitz, teils ausgeborgt von Familie, Freunden, Kollegen oder auch den Leihbüchereien.

Aber nicht nur für die Chronik sind Bücher eine wichtige Quelle.

Sei es um wenigstens ein annäherndes Verständnis des mittelalterlichen Lebens zu erlangen oder Handwerkstechniken nachvollziehen und die Werkstücke herstellen zu können: Bildquellenstudium und das Nachvollziehen der Forschungsergebnisse anderer ist wohl einer der Hauptbestandteile unseres Hobbies.

Wir möchten nun in einer neuen Serie eine kleine Auswahl dieser Bücher vorstellen, um damit auch einen Quellennachweis unserer Informationen zu beginnen.

Der erste Beitrag wird sich mit einigen Büchern Reinhard Pohankas beschäftigen. Soviel sei schon verraten!

Mittwoch, 20. Februar 2013

Frisch vom Riemertisch IV

Da ich in letzter zeit nicht zu allzuviel gekommen bin was das mitteralterliche Handwerk betrifft, nehm' ich mir einfach mal die Freiheit in der Rubrik "Frisch vom Riemertisch" auch mal etwas zu bloggen das nicht gerade frisch ist, sondern schon ein Jährchen auf dem ledrigen Buckel hat:

 
"Die Tage werden wieder länger und auch die Kälte in der Werkstatt wird langsam wieder  erträglicher. Und je weniger die Händ' zittern desto schöner wird das Stück, hat mein alter Meister immer g'sagt. Der letzte Riem ist jedenfalls sehr ordentlich geworden, vor allem die Beschläg' sind schön!
 Außerdem hab ich jetzt einen neuen Lehrbuben, sein Vater der Schuhmacher Karl hat in mir in die Obhut gegeben. Ein ganz schöner Lackel der Bub, kräftig für sein Alter! Im Moment macht er ja noch nicht viel außer Beschläge polieren oder mal ein Lehrstück zu punzieren, aber mit Gottes Hilfe wird aus ihm ein guter Gesell'! Amen!

- Niklas Riemer, Januar 1340 --"

Was kann man zu dem gezeigten Gürtel schon groß sagen, außer dass er rundum recht gut gelungen ist? Nicht viel, ist die Antwort also beschränke ich mich mal aufs Kommentieren der Bilder.


Die Schnalle hier ist von einem recht frühen Typus, der schon im 13.Jhdt aufkommt, das Schnallenblech habe ich mit eingravierten Linien eingefasst und dann noch mit einem Stichel mit quadratischen Querschnitt eine Punktverzierung hinzugefügt.

Der Riemen selber ist mit einer handgemachten Punze geprägt worden, in 2 dicht aneinander liegenden Reihen mit einem schmalen aber deutlichen Randstreifen.


Wie man auf obigen Bild gerade noch so erkennen kann, ist die Riemenzunge hier nicht wie so häufig der Länge nach gefaltet, sondern besteht aus einem breiten Buntmetallblech in Querfaltung. Die Verzierungen sind analog zum Schnallenblech ausgeführt.


Das Bild oben zeigt die Prägungen des Leders recht schön, besonders möchte ich aber die Beschläge herausheben. Sie sind massiv aus Gelbguss, mit mitgegossenen Nietkegeln. Diese werden durch das vorgelochte Leder gesteckt und hinten mit einer Beilegescheibe als Unterlage gegengenietet. Somit ist hier kein Loch in den Beschlägen und auch kein eigener Nagel zur Befestigung notwendig! Obwohl solche Beschläge doch eher die Ausnahme bilden, sind sie doch in fast allen größeren Buntemetall-Fundkomplexen zu finden und mal eine schöne Abwechslung.

So, das war's auch schon mit dem heutigen Stück. Noch einen schönen Tag Euch da draußen!