Dienstag, 8. April 2014

Die druckten nicht? Doch, die druckten!

Unser zweites Modul auf der Burg Liechtenstein - "Die Welt war bunt" - war eine große Motivation um wieder einmal auf neues Terrain vorzudringen. Schon früher ist Agnes auf Quellen und Belege für mittelalterlichen Zeugdruck gestossen und uns war allen klar, dass wir das noch näher vertiefen müssten. Und somit habe ich diese Herausforderung angenommen, und mich mit diesem sehr interessanten Thema beschäftigt.

Was die besondere Verbindung dieses Handwerks zu unserer Darstellung herstellt, sind wohl die Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts in denen ausführlich Rezepte und Anleitungen zum Zeugdruck wiedergegeben sind. Cennino Cenninis Anleitungen aus dem späten 14. Jahrhundert geben schon sehr ausgeklügelte Anleitungen, aber auch die Innsbrucker Sammelhandschrift von ca. 1330 liefert unter anderem detaillierte Farbrezepte, ebenso wie das Nürnberger Kunstbuch.

Ausschnitt aus Blatt 93r der Innsbrucker Sammelhandschrift Cod. 355;

Aber dazu wird es an anderer Stelle bei Gelegenheit mehr Hintergrundinformation geben. Hier möchte ich mich mit der praktischen Umsetzung dieses Versuchs beschäftigen. Also Anleitungen lesen, Werkzeug und Material recherchieren und zusammensammeln und schon kann es losgehen!

Was braucht man also für den Zeugdruck? Stoff und Farbe sind ja selbstverständlich, ebenso wie ein Druckstock. Und hier stand ich schon vor der ersten Herausforderung. Die Motive lassen sich ja noch recht einfach recherchieren, auch Übertragungsmöglichkeiten der Motive von Stoff auf Holz sind beschrieben, aber ganz so schnell habe ich jetzt niemanden gefunden, der mir eine Model stechen würde. Blaudruckmodeln aus dem 19. Jahrhundert hätten wir dank Karl sogar zur Hand gehabt, aber hier haben halt die Muster so gar nicht gepasst. Also muss für die ersten Versuche ein Kompromiss her. Im Internet habe ich dann doch einiges gefunden, was für den Versuch durchaus geeignet war.


Die Farbe habe ich mit Leinöl-Standöl angerührt. Dieses Öl wird zwar nicht wie Firnis aufgekocht und dadurch eingedickt, sondern durch langes Stehen, enthält aber auch keine chemischen Sikkative, also Trocknungsmittel, wie sie in den heute zu kaufenden Firnissen fast standardmäßig enthalten sind. Da ich mich für erste Versuche auch noch nicht selbst ans Firnis-Kochen machen wollte, sollte das zähflüssige Standöl ganz gut passen.

Und schon traten neue Schwierigkeiten auf. Zwar gibt es ganz detaillierte Farbrezepte, aber wollen wir wirklich mit unserem heutigen Wissen mit Bleiweiß, Grünspan und anderen, ähnlich ungesunden Substanzen hantieren? Nicht wirklich! Also habe ich erst ein Rezept gesucht, das möglichst ungefährlich scheint. Bei der Mischung aus Standöl und Ruß konnte eigentlich nicht viel schief gehen und die schwarze Farbe war gefunden. Für blau habe ich kurzerhand Ultramarin-Pigmente, die mir Andrea überlassen hat, mit dem Öl vermischt. So weit, so gut.

Nun wird auch das "Pelsterlein" beschrieben, mit dem die Farbe auf die Handstempel aufgetragen wird. Ähnlich dem noch heute gebräuchlichen Ledertampon hat mir mein lieber Mann zwei "Pelsterlein" aus ganz weichem, glatten Leder hergestellt. Im Mittelalter wurde dafür Hundeleder verwendet, da dieses porenfrei ist. Aber so genau wollten wir das in diesem Fall auch nicht nehmen.


Die Rezepte empfehlen vor dem Farbauftrag noch das Stärken des Stoffes mit Hautleimwasser. "Und solt auch wissen, das du auf vngesterkent leinwat nichtz gutz machst" (Zitat aus dem Nürnberger Kunstbuch) Auch das habe ich natürlich befolgt. Allerdings hat ein erster Versuch gezeigt, dass die Farbe auf dem gestärkten Stoff nicht so gut haftet wie auf ungestärktem. So ganz ist mir noch nicht klar, warum es dann empfohlen wird. Ich vermute, dass das mit dem anschließend beschriebenen Glätten des Stoffes mit einem Glättstein zusammenhängt. Möglicherweise gelingt es dadurch leichter, den Stoff schön glatt zu bekommen. Da dies bei unseren Stoffen allerdings ohnehin kein Problem darstellt, habe ich zugunsten der Haltbarkeit der Farbe darauf verzichtet und alle weiteren Versuche auf ungestärkten Stoffen vorgenommen.

Die nächsten Fotos zeigen meinen Versuch bei unserem Farbmodul auf der Burg Liechtenstein mit der blauen Farbe auf Seide, die mit Reseda gefärbt wurde.


Beim Farbauftrag auf die Model ist darauf zu achten, dass nicht zu viel Farbe aufgenommen wird, sonst verstopft die überschüssige Farbe die Zwischenräume und beeinträchtigt das Ergebnis. Außerdem kann es passieren, dass dann an den Druckrändern Farbwulste stehen bleiben, die natürlich wesentlich länger zum Trocknen benötigen und daher eher zum Verschmieren neigen.


Dann wird das Motiv vorsichtig angesetzt. Hier zum Beispiel in der zweiten Reihe um 90° gedreht.


Mit einem Klüpfel (meine wesentlich elegantere Variante hatte ich leider daheim vergessen) wird die Model dann auf den Stoff geschlagen.


Nun muss die Model nur noch abgezogen werden. Auf diesem Foto sieht man sehr schön die klebrige Konsistenz der Farbe. Die Farbe ist übrigens auch nur an der Vorderseite zu sehen und zieht nicht in das Gewebe ein. Dies wurde auch bei den Funden so beobachtet. Überraschenderweise ist sie auch im Tagesverlauf sehr schnell getrocknet. Diese Seide habe ich vomittags bedruckt und konnte sie abends ohne Probleme einpacken. 


So vieles gäbe es hier noch zu sagen und zu zeigen. Aber ich denke, für den Anfang ist das genug. Und mehr kommt bei Gelegenheit!