Sonntag, 20. September 2015

Mein erstes Laufi

Laufi! Dazu muss ich ausholen. Laufi fällt nämlich genau wie Fuzerlschwapperl oder Pappelfisch in die Kategorie des häuslichen Kindermundes. Als meine zwei Großen nämlich noch sehr klein waren war Laufi der Löffel (nicht zu verwechseln mit Glaufi, das war die Nachziehlaufente) während die kreativen Fuzerlschwapperl ebenso wie die Pappelfische (weil sie sich im namensgebenden Teich aufhielten) ein elegantes Synonym für Kaulquappen darstellten.

 
Zu diesen wehmütigen Erinnerungen an früher kam dann vor zwei Wochen noch tiefer Frust und Ärgernis über eine angeblich fehlgeleitete UPS-Bestellung (Tip: Wenn man dort jemals anrufen muss, falls man die Nummer findet jedenfalls, hilft es genervt ins Telefon zu brüllen "Ich will mit einem Menschen sprechen!". Dann verbindet einen das unsägliche Spracherkennungssystem nämlich prompt mit einem Mitarbeiter.).

Jedenfalls verlangte das Ärgernis nach einem Frustkauf und weil ich gerade dabei war einen Holzlöffel von Nemi Norrison zu bewundern fragte ich den Herrn Löffelschnitzer doch gleich mal nach dem nötigen Werkzeug. Eine sehr freundlich und gute Beratung später (die einen balsamartigen Kontrast zur UPS-Computerstimme darstellte) war ich schon auf dem Weg zu dictum, warf 2 Schnitzmesser ins virtuelle Warenkörbchen und war wieder etwas zufriedener.

Irgendwann letzte Woche kam das Paket dann an, ich packte es aus, bekam ein strenges Kopfschütteln meiner Frau auf die Anfrage hin ob ich im Wohnzimmer schnitzen darf, packte das Werkzeug weg und harrte dem Wochenende.

Gestern hab ich dann ernst gemacht! Löffelschnitzen hurra! Aus Lindenholz, das hatte ich nämlich rumliegen und es empfiehlt sich als Einsteigerschnitzholz.


Schon die Durchsicht der "Holzfunde aus Freiburg und Konstanz" machte mir allerdings recht rasch klar, dass die Holzspachteln die ich als Löffel bisher meinem Besitz zurechnete wenig mit den erhaltenen Exemplaren zu tun hatten.

Die Funde weisen nämlich eine erstaunliche Vielfalt an geschwungenen Sti(e)len, Laffenformen und Verzierungen auf. Das musste ich natürlich hinkriegen, also griff ich mir ein passendes Stück Linde und ging mit der Axt ans vorformen. Dann kam das Kerbschnitzmesser ans Werk und dann noch das Laffenschnitzmesser. Eine Stunde und 3 zerschnittene Finger später war das geschaffen was oben schon geteasert ist: Mein erstes Laufi!


Besonders von der Seite sieht man den Schwung im Löffel und den Winkel in dem die Laffe zum Stiel steht. Und das ist noch ein harmloses Exemplar (Nummer 6 von Tafel 23 für die Bücherwürmer unter uns). Da sind durchaus noch kleinere Winkel zwischen Laffe und Stiel zu sehen. Und das wiederum führt die oft publizierte (vor allem in "mittelalterlichen" Kochbüchern) Tatsache: "Man hielt den Löffel in der Faust" Echt ad absurdum. Während ein derartig "finstres" Essverhalten mit meinen Holzschaufellöffeln ja noch denkbar war ist es hier praktisch unmöglich. Vielmehr isst man recht elegant. Ich mag das!

Nach dem Schnitzen hab ich noch geschliffen (mit Sandpapier da ich keinen Schachtelhalm finden konnte) und eingölt. Und das nächste Löffelchen geplant:


Dieses gute Stück (Nr. 9 / Tafel 23) hatte es mir gestern schon angetan und so nutzte ich den heutigen Sonnenschein um erneut ans Werk zugehen.
Heute war ich mit der Axt schon geschickter und großzügiger als gestern noch und konnte so noch mehr Grundform schaffen. Außerdem reduzierte ich damit die Produktionszeit schon mal auf 40 Minuten.


Besonders schön ist mir bei dem der geschwungene Stiel gelungen, das kann man in der Seitenansicht noch besser sehen:


Jedenfalls, wenn man von dem leicht zu dünn gewordenen aber trotzdem erstaunlich stabilen Löffelstiel absieht, hab ich ein neues Vorführhandwerk gefunden. Und damit endlich ein Pause vom ewigen Gürtlern. Und irgendwie macht Löffelschnitzen nicht satt .. hat man einen fertig will man den nächsten anfangen. Danke, Nemi!