Sonntag, 27. September 2020

Erbsenspießer

Wir schreiben das Jahr 2020 n. Chr. - Corona hat uns alle im Griff und auch im Bereich der Living History braucht es wieder kreative Lösungen. Zeit für eine Challenge, Zeit für Experimente! 

Unter dem hashtag #theusedwhattheyhad wurde von meiner IG14-Vereinskollegin Agnes eine solche ausgerufen: 4 Grundzutaten, 2 verschiedene Zubereitungsarten - einmal modern und einmal historisch. Höchste Zeit, mich nochmal ernsthaft an einige Rezepte zu wagen. Also dann!

Meine 4 Grundzutaten: Hühnerkeule, Weißwein, Erbsen und Eier


Moderne Variante:

Bei der modernen Ausführung habe ich mich für eine recht einfache Zubereitung entschieden:

Gebratene Hühnerkeule mit Reis und Erbsen

als Dessert:

Weinchadeau

Insgesamt wenig Aufwand. Hühnerkeule würzen und im Rohr braten. Währenddessen Reis und Erbsen kochen. Die gemischte Variante à la Risi Bisi (egal in welcher Schreibweise) zählt in diesem Haushalt nicht zu den Favoriten. Also die "grünen Magenpolizisten" kurz in Butter geschwenkt und ein wenig gesalzen.

Das Weinchadeau hat mir im Vorfeld den meisten Respekt eingeflösst. Gab es das in meiner Kindheit und Jugend regelmäßig am Heiligen Abend, habe ich es doch nie selbst gemacht. Überraschend einfach, unheimlich gut und mit schönen Erinnerungen verbunden.

Historische Variante:

Hierfür habe ich mich für drei Rezepte aus dem Mondseer Kochbuch (Codex 4995, ÖNB Wien) entschieden, die mich immer schon fasziniert haben, über die ich mich auf Veranstaltungen aber nie drübergetraut habe. (Obwohl einmal, haben wir den Erbsen am Spieß eine Chance gegeben - aber nicht besonders erfolgreich.)

(42) Wie man arbais mag praten an dem spisße - Wie man Erbsen am Spieß brät

Bevor nun Gebendenadeln zweckentfremdet werden und mühsam Erbschen für Erbschen aufgespießt wird: das ist nicht erforderlich! 

Die gegarten Erbsen werden durch ein Sieb passiert und mit derselben Menge verquirltem Ei vermischt.

In einer Pfanne mit reichlich Schmalz stocken lassen. Nach dem Abkühlen in Happen teilen und auf einen Holzspieß stecken. Auf einem Rost über der Glut mit Ei bestreichen und mit Kräutern bestreuen.


(26) Von gebraten hünern wie man die pecht in dem mörser - Gebratene Hühner im Mörser

Ein weiteres Faszinosum für mich sind die Rezepte "im Mörser". Ich habe diesmal meinen unhistorischen Granitmörser hergenommen und ihn, statt in die Glut, ins Backrohr gestellt.

In den mit Schmalz ausgestrichenen Mörser wird eine Mischung aus kleingehacktem, gebratenen Huhn, Eiern, Ingwer, Salz und einem Hauch Anis gegeben. Leider hatte ich keinen Safran daheim - der hätte dem Gericht noch eine schöne Farbe verliehen. Dann solange backen, bis eine homogene Masse entsteht.


Und was ist mit dem Wein? Hieß es nicht "Weißwein" in der Zutatenliste? Wieso steht da jetzt ein Roter?

(124) Roten wein ze machen - Roten Wein zu machen

In der historischen Variante habe ich mich beim Wein für ein sehr einfaches Rezept entschieden. Sollte einem der Rote nämlich in den kalten Wintermonaten ausgehen, könne man ihn ganz einfach durch die Zugabe von getrockneten Heidelbeeren - also den stark färbenden Blaubeeren, nicht den großen fleischigen Kulturheidelbeeren - aus einem guten weißen Wein selber machen.

Die Weinkenner werden jetzt aus dem Lachen nicht herauskommen. Hübsch aussehen tut er, geschmacklich hat sich der Wein nicht nachhaltig verändert und allemal besser die Farbe durch Heidelbeeren zu ändern, als den Zuckergehalt durch Frostschutzmittel. 


Und nur, weils mich selber fasziniert: im direkten Vergleich mit einem guten Zweigelt (rechts) kann der aufgepimpte Gelbe Muskateller farblich natürlich nicht mithalten.