Mittwoch, 15. August 2012

Bachritterburg 2012 - eine andere Sichtweise


Hmmm? 4 Tage mittelalterliche Burgbelebung? Durch die überschäumende Begeisterung meines Mannes dazu motiviert, planten wir also einen Teil unseres Jahresurlaubes für die Belebung der Bachritterburg.

Ich schaute dem ganzen eher skeptisch entgegen. 4 Tage mit einer 4jährigen und einer 9jährigen auf einer Burg. Schlafen auf Strohsäcken, den Wetterverhältnissen wahrscheinlich wenig angepasste Kleidung (wer trägt schon gerne Wolle über Leinen bei 36 Grad), minimale sanitäre Ausstattung und ein Ausblick auf elende Langeweile (für die Kinder) und die ständigen skeptischen Fragen „und was machen wir da?“. (Ehrlich gesagt, hatte ich schon mal sicherheitshalber nach einem „Notquartier“ gegoogelt!) Also erst mal „Spielsachen“ zusammensuchen. Einer Sammlung unserer historischeren Spielzeuge widmen wir mal einen eigenen Eintrag. Ergänzt wurde diese um unlackierte Bausteine, Wolle und Stoffreste und die Aussicht auf andere Kinder. Für mich selbst gab es ja genug Arbeit, aber ob ich auch dazu kommen würde?


Und dann der erste Tag. Für die Kinder – zu diesem Zeitpunkt noch ohne Spielgefährten – war mal die Erkundung der Umgebung angesagt. Durch die Abgrenzungen ein recht kindersicheres Areal, brauchte ich mir darüber nicht viele Gedanken zu machen. Also ab zum Küchendienst. Dass ich mich nach den 4 Tagen wie Selchfleisch fühlen würde, war mir ja klar. Zu meiner großen Überraschung kam auch meine Große helfen, hat Birnen geschnitten und Mandeln geschält. Die Kleine war auch gut beschäftigt, und unser aller Mühen wurde mit einem Bad in einem nahegelegenen See belohnt. Die erste Nacht mit den Mädels in einem kleinen Doppelbett (mit Strohsackmatratze) war wenig entspannend, aber daran konnte man ja arbeiten.


Die Palatschinken zum Frühstück (Verzeihung – Pfannkuchen natürlich!) ließen das Herz meiner Kleinen höher schlagen und die Große freute sich schon auf die Neuankömmlinge. Bevor ich mich wieder dem Küchendienst widmete, konnte ich noch meine Stickerei erneut auf den historischen Rahmen aufziehen und die unterschiedlichen Tätigkeiten rundherum, sowie viele tolle Gespräche zum Erfahrungsaustausch und das Bewundern und Analysieren von Hab und Gut der Anderen, ließen die Zeit recht kurz werden.

Bald hatte ich mich an das viertelstündliche Schlagen der Turmuhr des nahen Kirchturms gewöhnt, und konnte recht gut einschätzen, ob es nun 11:30 oder schon 13:30 war. Uhr, Handy, Laptop oder gar Fernseher gingen nicht mal den Kindern ab (Na gut, ab und zu gab es für die Große eine „Nintendo-Pause“ im Auto.). Naja, die 4 Schläge zur vollen Stunde und die 2 Schläge für 2 Uhr nachmittags hatten für mich schon einen eigenen Reiz – das gebe ich zu! Da öffnete nämlich das kleine Cafe im Burghof und wir durften „Pause“ vom Mittelalter machen, und uns an Kaffee und köstlichen Kuchen – oder im Falle der Kinder an einem guten Eis – gütlich tun! (Was jetzt bitte nicht heißen soll, daß unser Essen nicht gut war! Wir wurden – wie immer bei MiM – ausgezeichnet verköstigt! Aber Koffein nach einer unruhigen Nacht und dann diese Himbeertorte…)


Ich lernte Nadelbinden (und komme damit auch ganz gut voran; ein Grund, warum ich meinen Almosenbeutel derzeit ein wenig stiefmütterlich behandle; aber die Strümpfe für meine Mädels für die Veranstaltung in Hartberg sind mir gerade wichtiger), konnte endlich die Seidengarne in natura anschauen, die ich nun bald bestellen würde, sah, daß die Tätigkeit des Netzens nun doch nicht so kompliziert war, wie das Endergebnis vermuten läßt. Ich lernte einiges über die Küche im Mittelalter und noch vieles mehr.


Die 4 Tage vergingen wie im Flug. Und mit einem lachenden und einem weinenden Auge nahmen wir Abschied von der Bachritterburg. Auf der einen Seite hätte es für mich nicht länger dauern müssen. Zu vieles passt an meiner persönlichen Ausrüstung noch nicht. Da möchte ich lieber nun über den Winter daran arbeiten – ich brauche ein dünneres Leinenkleid und ev. noch eine Chemise – wenn ich sie belegen kann. Außerdem ein dünneres Wollkleid und noch einiges für meine Handarbeitsuntensilien.
Andererseits waren das 4 wunderbar erholsame Tage. Weit ab von den alltäglichen Gedanken um Arbeit, Familie und Haushalt. Reduziert auf das hier und jetzt (und eventuell noch das morgen). Keine Katastrophennachrichten oder politischen Querelen, wo man sich trotz aller aufgebrachter Gleichgültigkeit so seine Gedanken macht. Nur schauen, ob es den Kindern gut geht oder man mal lenkend eingreifen sollte, den Mann – mangels weiterem Färbegut – davon abhalten, selbst noch in das Indigo-Bad zu steigen, nachfragen, ob man denn in der Küche helfen kann oder überlegen, wie man die Zeit bis zur nächsten tollen Mahlzeit am nützlichsten verbringen kann.

Der nächste Aufenthalt auf der Bachritterburg ist jedenfalls schon „gebucht“. Und diesmal sehe ich dem schon eher freudig und gelassen entgegen. Zwar stellen sich andere Herausforderungen (alleine der Termin zwingt uns zu ausgefeilter Planung), aber ich denke, die 4 Tage werden es wert sein!

Eure Sophia