Der Transport von Dingen am
Gürtel ja eine mittelalterliche Tatsache. Aber es ist doch erstaunlich
welche Bandbreite an transportierten Gegenständen sich da finden.
Märchenmittelaltermenschen
auf ihren bunten Märkten tragen da natürlich ein Trinkhorn oder gleich
einen Henkelkrug. Dann natürlich noch, egal ob Männlein oder Weiblein,
eine Gürteltasche für Handy, Zigaretten und Feuerzeug und die
Autoschlüssel. Und ein modernes Jagdmesser darf auch nicht fehlen,
mittelalterlich mit einem unbearbeiten Geweihgriff natürlich! Und dann schiebt man am Besten noch eine Blankwaffe ohne Scheide in den Riemen, man ist ja Kriegerin oder Söldner!
Historisch
belegbare Menschen hingegen banden sich andere Sachen an den
Leibriemen, wenn auch nicht gerade weniger. Der Kölner Stadtrat und
Kaufmann Hermann von Goch zum Beispiel trug ein Messerchen, einen
Klapplöffel im Lederetui, einen Prüfstein und Prüfnadeln in kleinen
Lederbehältern, seine Siegel und ein Handvoll Beutelchen an seinem
Gürtel als man ihn verhaftet hat.
Ein kleine Übersicht kann man sich hier anschauen.
Nun hat meine Frau halt ein Toilettbesteck. So weit, so einfach. Es ist ein Rekonstruktion nach verschiedenen Funden und umfasst drei Geräte in einem. Gewissermaßen ein Schweizer Messer der Schönheitspflege:
Wie man sehen kann sind die drei Gerätschaften an einem Ende mit einer Niete verbunden und das Toilettset umfasst somit Zahnstocher, Ohrlöffel und Pinzette. Praktisch ist das übrigens wirklich, obwohl ich zugeben muss den Ohrlöffel nur einmal probeweise verwendet zu haben. Das Herumstochern mit einem Messinginstrument in meiner Hörmuschel ist doch eher bedenklich. Die Pinzette, ursprünglich wohl zum Zupfen von Augenbrauen oder Ähnlichem gedacht ist auch hilfreich, wenn man seinen meistens bloßfüßig herumtollenden Kindern Holzschiefer aus dem Fuß ziehen muss. Und einen Zahnstocher kann man eigentlich immer brauchen!
Das Stück ist aber nicht der Grund für den Blogeintrag, das gibt's schon einige Zeit lang. Neu aber ist das Behältnis, das ich mir für die Aufbewahrung und gegebenenfalls für den Transport am Gürtel einfallen lassen musste. Ursprünglich hatte ich mal ein kleines rundes Lederbehältnis genäht, aber das Leder war zu dick, die Nähte nicht sehr sauber und so richtig gepasst hat's auch nicht.
Dann, als ich beim Nadelbüchsenmachen war, stieß ich auf eine recht nette Buntmetallbüchse aus London. Fasziniert von dem dargestellten Rekonstruktionsvorschlag in Egan/Pritchards Dress Accesories, wollte ich die unbedingt versuchen. Allerdings wandelte ich die Dimension leicht ab um das gute Stück nicht als Nadelbüchse sondern als Transportbehältnis für das Toilettbesteck nutzen zu können.
Nach kurzer Tüftelei stellte sich der Vorschlag der Autoren als sehr brauchbar heraus und einen Nachmittag später war das Stück fertig:
Anders als das Original ist diese Rekonstruktion quadratisch im Grundriss, so wie der Rekonstruktionsvorschlag es angibt. Die Langösen zur Aufnahme eines Bandes oder Riemens sind sehr schmal rechteckig, was mich dazu brachte ein Lederband mit Knöpfriegeln als Abschluss als Aufhängung vorzusehen. Ein gewebtes Band wäre natürlich ebenfalls möglich.
Zusätzlich habe ich auch noch ein mit Kerbprägungen verziertes Messingelement zur Zierde angebracht.
Nun steht einem standesgemäßen am Gürtel rumgebäumel nichts mehr im Weg und mein Schatz hat eine weitere Kleingkeit die man so, zumindestens auf allen Märkten auf denen ich war, nicht am Wikingergürtel des typischen Spätmärchenalterdarstellers findet.