Mittwoch, 26. November 2014

Diesmal nicht voll auf den Schnabel!

"Der Adler ist gelandet!" schrieb ich vollmundig vor einem halben Jahr und in der Annahme damit eine majestätische Landung im erhabenen Nest auf dem höchsten Gipfel der Geschichtsdarstellung hinzulegen .... tja, Schnecken.

Wo soll ich denn anfangen mit beschreiben was alles falsch war? Einige meiner aufmerksamen und auf dem Gebiet der Numismatik auch wesentlich bewanderten Leser haben mir eine ganze Latte von Kritikpunkten übergeben, und mir wurde klar, dass der Adler schnabelvoran in den moosbewachsenen Mugel unterhalb des Nests gekracht ist.

Jetzt also auf ein Neues:

Als Vorlage und Hauptquelle dienten mir 2 Dinge: Bernhard Kochs Buch "Der Wiener Pfennig" und ein paar Originale die ich zu meiner großen Freude mittlerweile mein Eigen nenne.

Was gibt also über den Wiener Pfennig zu sagen? Fangen wir am Anfang an:

Als Nachfolger der ersten österreichischen Münze, des Kremser Pfennigs aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts (1130), beginnt die Nachweisbarkeit der Münze in Wien knapp vor der Jahrhundertwende ins 13. Jahrhundert (1193 oder 1194). Die erste schriftliche Erwähnung des Wiener Pfennigs geht dann auf das Jahr 1203 und die Reiserechnungen Wolfger von Erla, Bischof von Passau, zurück: "denarii wiennensis monetae" nämlich.

Zum aktuellen Stück: Es ist eine Rekonstruktion von Wiener Pfennigen unter der Herrschaft des 1340 amtierenden Herzogs Albrecht II. Die Vorderseite zeigt einen Adler mit Bindenschild:

Vorderseite
Die Rückseite (und ja auf eine Rückseite hab ich bei meinem ersten und jetzt bald einzuschmelzenden Versuch gleich gar nicht geachtet und Dünnpfennige draus gemacht) zeigt, und jetzt kommts, einen Kopf des Erlöser! Zu mindestens laut Hrn.Koch, der aber vermutlich eine der besterhaltenen Münzen der ganzen Serie in Händen hielt. Denn auf meinen Exemplaren und alle Abbildungen die ich finde konnte, ist auf der Rückseite des erwählten Pfennigs .. nix .. oder sehr wenig .. oder ein paar komische Kratzer.

Die, oftmals nur als theorethisch zu bezeichnende, Rückseite

Warum das?? Nun, die Erklärung liefert Hr. Koch dankenswerterweise auch gleich in seinem, wirklich empfehlenswerten, Buch: ".. wobei aber das Rückseitenbild oft sehr undeutlich erkennbar ist ..". Das kann daran gelegen haben, dass die rückseitige Prägung in einer der Theorien als Kennzeichnung der Münzstätte genannt wird. Davon gab es um 1340 nämlich drei (Wien, Enns und Wiener Neustadt) und jede führte, vermutlich, eigene Prägestöcke für eben diese Rückseiten.

Da aber die Vorderseite sich jährlich änderte waren diese Prägestock möglicherweise schon in teilweise lausiger Verfassung. Jedenfalls habe ich mich entschieden meine Rückseite lausig zu gestalten (also natürlich nicht MEINE Rückseite, ich wische weiterhin ab, sondern die Rückseite der Münze).

Aber bleiben wir bei der Vorderseite. Jährlich neue Münzen??? Ja, und dahinter steht ein cleverer Schachzug, von dem es mich wundert dass die, das schwarz-blaue Wappen führende Hausgenossenschaft mit dem Obersten Kämmerer Karl H. Grasser nicht auf die Idee gekommen ist, es auch gleich zu Beginn des 21.Jahrhundert so zu machen:

Man führte (also 1340, nicht 2002) zum wiederholten Male einen Münzverruf durch! Die Idee war schon im 13.Jhdt. grandios angekommen! Dabei erklärte man die Vorjahrspfennige für ungültig und brachte die Leute dazu sie in einem bestimmten Verhältnis gegen die neuen zu tauschen, also 4 alte für 3 neue zum Beispiel. Herzog Wolfgang .. ähh .. Albrecht hats gefreut, die Wiener wohl weniger.
Und wie zahlreiche Münzschatzfunde zeigen haben an dem Spiel auch nicht alle teilgenommen, denn da finden sich Münzen mehrerer Jahre oft nebeneinander.

Da kamen also jede Menge Dinge auf mich zu. Und deshalb hats auch von März bis heute gebraucht bis ich das Alles korrigieren konnte? Nein, mir kam nur mal kurz das Messerbauen dazwischen.

Also, im März prägte ich den falschen Münztyp, ohne möglicher Rückseite und auf falsche Weise. Aber nicht mit mir! Nicht heute und auch in Zukunft nicht! Also *trara* .. Der Wiener Pfennig 2.0:


Wie bin ich diesmal vorgegangen? Nun ich hab mir zuerst einen Prägestock für die Rückseite gebastelt, der irgendwie ein Ergebnis liefern würde, das einem abgenudelten "Kopf des Erlösers" ähneln könnte. (Und bevor christliche Fundamentalisten jetzt virtuellen Amok laufen, natürlich kann der wahre Kopf des Erlöser sich nicht abnutzen!)

Meine Interpretation eines verbrauchten Erlöserkopfes

Ist jetzt nicht sonderlich elegant (oder wiedererkennbar), erfüllt aber den Zweck. Sieht nämlich jetzt viel mehr aus wie meine Originale als wie das Katalogstück.

Den Prägestempel für die Vorderseite hatte ich ja noch, und somit folgte ich den historischen Schritten .. aber nur zum Teil:

  1. Ein Gießer stellt die Zaine her, einen schmalen Metallbarren: Das hab ich der ÖGUSSA überlassen
  2. Der Zainmeister hämmert die Zaine auf Münzdicke: Macht auch die Scheideanstalt, nur werden die das 0.5mm Blech wohl gewalzt haben
    (Damit kann ich leben)
  3.  Der Schrötmeister stückelte dann mit Hilfe der Blechschere in möglichst gleich schwere Stücke (Schrötlinge): Ha! Da komm ich ins Spiel. Das hab ich gemacht!
    (Im März hab ich noch zuerst geprägt und dann ausgeschnitten, ich Nuss)
  4. Der Setzmeister prägt die Münzen mit Hammerschlagprägung:
    Wieder ich! Schrötmeister und Setzmeister in einer Person. Gott, bin ich gut!
  5. Für die Anfertigung der Stempel (Eisen) waren der Eisenschmied und der Eisengraber zuständig:
    Nur zum Teil ich, und ich hab noch dazu den dillettantischen Teil übernommen. Kein Punkt für mich.
  6. Für die Aufbewahrung war zuletzt dann der Eisenhüter verantwortlich:
    Na immerhin bleibt mir noch der letzte Job in der Kette. Eisenhüter! Ich! Das hört sich mächtig an! So wie ein in Schneewolfsfelle gehüllter Barbar der auf zottigem Pferd und als Einziger das Geheimnis des Stahls kennend über das heute versunkene ... oh, ich schweife ab.
 Die Vorderseite ist dementsprechend deutlicher, man kann den Adler in den meisten Fällen deutlich erkennen. Außer dort wo der Hammerschlag nicht ganz genau war, aber auch das ist auf meinen Originalen so.


Aber waren die nicht rund? Nein, zumindestens die Originale von WIENER Pfennigen sind es nicht und es ist wohl der Blechschere zuzuschreiben.

Glitzern tun die Dingsies jetzt aber wie ein Bordelltür, aber das macht ja nix. Denn ich behaupte einfach es ist Sommer! Und um den 24.Juni (Fest Johannes des Täufers) fand der Münzverruf statt!
Irgendwie cool, wenn mich jetzt und in Zukunft jemand fragt:

"Welche Zeit stellst du dar?" ... dann kann ich antworten: "Juli!"

Authentisches Foto der linken Hand Niklas Riemers,
kurz nach dem Münzverruf im Juli 1340 entstanden
(oder so ähnlich)