Samstag, 12. März 2016

In die Scheide? Igitt!

"Er steckt das Schwert in die Scheide? Igitt!" Tja, so sagte meine große Tochter einst vor einem Jahrzehnt und bevor sie zum fingerschlaufenwebenden und wolleauchbeihitze tragenden Darstellerkind mutierte. Und immer wenn ich mich als Teilzeitscheidenmacher betätige muss ich an ihr entsetztes Gesicht denken das mich mit ungläubgen Kinderaugen ansieht. Jetzt springt sie gerade wild durchs Haus weil die beste Freundin (BFF nennt sich das heute) einen Freund hat. Früher war war alles besser!


Im krassen Gegensatz zum Messermacher kommt der Scheidenmacher (jedenfalls wenn er nicht punziert) was Werkzeug angeht sehr minimalistisch daher. Eine Ahle (mit Griff nach einem skandinavischen Ahlenfund aus dem Spätmittelalter), ein Knochenstylus mit Eisenspitze (ebenfalls 14.Jahrhundert) für die Verzierungen (da muss ich mir mal was Werkzeugähnlicheres bauen. Kommt auf die Liste) und eine Rolle (Londonfunde) mit Leinengarn. Dann noch ein wenig vegetabil gegerbte Bovinaehaut ("Angeber!" wirds jetzt heißen, ist doch nur schnödes Rindsleder) und los gehts.

Wie angekündigt sind das jetzt die Scheiden zu den letzten beiden Messern die ich gemacht habe. Ich poste zur Auffrischung mal wieder ein Bild davon:


Es ist mal wieder ein Ausflug ins 13.Jahrhundert und dem entsprechend ist auch die Motivwahl nach einer deutschen Knochenschnitzerei aus dem 13. gewählt. Sie zeigt "Tristan und Isolde", ist Teil eines Kästchens das im British Museum liegt und hat einen vierblättrigen Blumendekor am Rand:


Eben dieser Blumendekor findet sich dann auch auf der Scheide umgesetzt. Diese Übertragung von künstlerischen Elementen von einem Medium auf ein völlig anderes wird durchaus wissenschaftlich gestützt und kann bequem in J. Cowgill, M. De Neergaard, N. Griffiths, Knives and Scabbards (Medieval Finds from Excavations in London)“ nachgelesen werden.


Das andere Messer hat wunschgemäß auch eine schlichte Dekoration, etwas rein geometrisch Zeitloses in diesem Fall.

Die Aufhängebänder habe ich aus dem gleichen Leinenfaden geflochten mit dem die Scheiden vernäht sind und eher kurz gehalten, so wie es die wenigen Abbildungen aus dem 13. die einfache Leute mit Essmessern am Gürtel zeigen eben hergeben.