Montag, 13. Februar 2017

The Bony Lady

Hargh und immer Wasser unter dem Kiel, ihr Bugschweine! Ich mach ab jetzt "Piraten"! Oder ... eher nicht. "Bony Lady" ist daher nicht der freibeuterische Name einer schnuckeligen Brig mit der ich durch die Karibik schippere sondern (mal wieder) ein Hinweis. Auf (mal wieder) ein Messer! Und damit ist dann auch schon die "Katze aus dem Sack" und es kann mit einem Bild losgehen:

Rekonstruktion eines spätmittelalterliches Essmessers mit figürlichem Griff
(1) Reconstruction of a late medival eating knive with carved handle


Damit wäre der Threadtitel also mal geklärt und wir kommen zur Wissenschaft:

Our english-speaking guests can find an abstract at the end of the article

Laut Holtmann (S. 294ff) sind figürliche, vollplastische Messergriffe aus Geweih oder Bein vor allem in der zeit von 1250 bis 1350 vertreten. Dies deckt sich wiederum mit dem in der Stadtgrabung Tulln zu Tage gekommenen Messergriff, der als Vorbild für dieses Messer diente und auf das 14.Jahrhundert datiert wird:

Messergriff aus der Stadtplatzgrabung in Tulln, Niederösterreich, 14. Jahrhundert
(2) Carved knife handle found at Tulln, Lower Austria

Ausgeführt hat die wunderbare Schnitzerei ein sehr talentierter Knochen- und Geweihschnitzer (der gute Mann ist auf FB unter dem Namen "Der Zahnschnitzer" erreichbar), in dieser Rekonstruktion wurde Hirschgeweih als Material benutzt.

Als Eigentümer dieses Messertypus kommen neben dem Adel (vor allem ritterliche oder auch Jagdmotive wie Figuren mit Jagdfalken) das gehobene Bürgertum in Frage.
Dem entsprechend habe ich auch beim weiteren Ausbau des Messer auf die Erfordernisse der höheren Stände geachtet und Silber statt Buntmetall oder Eisen in der Plättchentechnik verwendet.

Plättchenpaket aus Silberblech und Rindsknochen zwischen Blatt und Messerheft
(3) Disks made of silver sheet, goat leather and cattle bone were placed on the tang between blade and the carved handle

Die Klingenform habe ich passend zur Länge des Messerhefts gewählt und mich dabei lose an einem erhaltenen Original aus Frankreich (ebenfalls 14.Jahrhundert) orientiert:

Essmesser mit vollplastischem Figurengriff aus Frankreich, 14.Jahrhundert
(4) French eating knive from the 14th century


Bei der Auswahl der Klinge habe ich auf einen im 14.Jahrhundert recht üblichen Aufbau zurückgegriffen. Die Schneide aus Kohlenstoffstahl ist hierbei in einen aus Eisen bestehenden Mantel eingelegt und feuerverschweißt.

Blatt aus Eisen mit eingelegter Schneide aus Kohlenstoffstahl
(5) Blade made from iron with a forge welded cutting egde of steel
 
Die Angel selbst habe ich in die im Messerheft vorhandene Bohrung eingepasst und mit mehreren Lagen an dünnen Messingstreifen verkeilt. Durch die Leichte Elastizität des Geweihgriffs hält das aufgeschlagene Heft jetzt bombenfest.


Mit einem abschließenden Bild von der Kehrseite der jungen Dame verabschiede ich mich dann auch für heute .. es warten noch Messer auf mich.


 Abstract for our english speaking visitors:

My reconstruction of a late medieval, 14t century style eating knife (1) is based on the finding of a carved knife handle in Tulln, Lower Austria (2).
To get some additional length for handling I placed some disks (3) made from silver and bone between the blade and the figurine (made from antler in this case). The tang was wegded into the carved handle by using small metal strips. The blade itself (5) is forge welded from iron (back and tang) and steel (cutting edge). It follows the style shown on a french eaing knife with ivory handle (4) from the 14th century.