Sonntag, 15. Juni 2014

Wie man ein wiennisches Mannsbild bei Kräften hält



Roggenbrot
Blüten- und Kräuterbutter

kaltes, gewürztes Brathuhn
Semmeldortem
Salat von gebratenen Zwiebeln
Rettichsalat

süße Topfen-Pastetchen
Apfelmus

Auch diesmal wieder war uns der Modultitel "Männermode des 14. Jahrhunderts" Inspiration für unser Menü. Natürlich haben wir unsere Männer befragt, und es war klar, dass Fleisch nicht fehlen darf!




Brot mit Butter

Ausgehend von ganz toller, selbst gebutterter und gewürzter Kräuter- und Blütenbutter von Anita und dem selbstgebackenen Roggenbrot von Doris haben wir uns auf die "Rezeptsuche" in die andere Richtung begeben. Das fertige Produkt war klar, aber gab es das? War es üblich, Butterbrot zu essen? Gerade die Kinder sind immer begeistert, und so würden wir das gerne als ständigen Menübegleiter aufnehmen. Sehr spannend war die Suche danach und das, was bei einer - zeitbedingt leider nur  flüchtigen - Suche dabei herausgekommen ist!

Butter wurde bereits von Hildegard von Bingen als gesundes Lebensmittel benannt, sofern es von fülligen Menschen nicht im Übermaß genossen wird. Das Butterbrot selbst, gerade als gesunde Kindernahrung, wurde sogar auf einem sehr bekannten Gemälde des 16. Jahrhunderts verewigt, der Bauernhochzeit von Bruegel. Dazu kommen Erwähnungen von "Salbeibutter" in der Renaissance - hier allerdings vorwiegend aus dem medizinischen Bereich.

Betrachtet man nun noch den Pro-Kopf-Verbrauch von nahezu einem halben Kilogramm Brot pro Tag, ist ein Butterbrot dann und wann nicht unwahrscheinlich. Aber wir suchen noch weiter!



kaltes, gewürztes Brathuhn

Fleisch war - wie bereits erwähnt - ein großer Wunsch und beim Durchstöbern unserer Rezeptsammlungen sind wir auf das kalte, gewürzte Brathuhn gestossen.

Hierfür wird das Fleisch ungewürzter, gebratener Hühner zerkleinert. Laut Rezept im Mörser, aber dafür fehlte uns einerseits ein Mörser, der groß genug ist und andererseits doch ein wenig die Experimentierfreude. Also haben wir uns mit mundgerechten Happen begnügt.

Dann wird ein "syrup" aus Weißwein, Honig, Rosinen und gemahlenen Mandeln gekocht. Mit gemahlenen Nelken, Ingwer und Muskatblüten gewürzt, ergibt das eine sehr geschmacksintensive Marinade. Diese wird noch heiß über das kalte Fleisch gegossen. Nach dem Erkalten ist das Gericht fertig! Gewöhnungsbedürftig ist hier wohl, dass es sich um ein eher süßes Gericht handelt.

Eine Variante dieses Gerichts, als "Viaunde of Cypres Ryalle" bezeichnet, wird  mit Mandelmilch zubereitet. Leider habe ich dies zu spät entdeckt. Das wäre auch noch sehr interessant gewesen.



Semmeldorttem

Für die Beilage haben wir das folgende Rezept gewählt. Im 21. Jahrhundert ist das gefüllte Brathuhn wohl eine der Lieblingsspeisen meines Mannsbilds! Und diese Semmeldorttem kommt der Semmfülle schon recht nahe.

Als "semel" wurden in der Gotik alle Varianten feine Weißbrots bezeichnet und nicht nur die handlichen Frühstücksbrötchen, die im österreichischen Raum heute als "Semmel" bekannt sind.

Hier werden Eier verschlagen und dann zerkleinerte "semel" - in unserem Fall Semmelbrösel - und gemahlene Mandeln untergezogen. Leicht gewürzt und gegebenenfalls durch ein wenig Flüssigkeit geschmeidig gemacht, wird der Teig dann gebacken. Wichtig dabei ist, dass er immer wieder mit flüssiger Butter oder auch Schmalz bestrichen wird.

Diese Beilage ist auch kalt sehr gut und sättigend. Das Rezept findet sich übrigens im Buch "Wie man ein teutsches Mannsbild bei Kräften hält" von H.J. Fahrenkamp, das für unseren Blog-Titel diesmal auch Pate gestanden ist.



Salat von gebratenen Zwiebeln

Mitgebratene Zwiebeln gehören wiederum für mich zum guten Brathuhn dazu. Und da hat es mir der Salat von gebratenen Zwiebeln natürlich angetan.

Ganze, ungeschälte Zwiebel werden in der Glut - oder ersatzweise im Backrohr - "gebacken". Nach dem Auskühlen werden sie geschält und von ev. verbrannten Stellen befreit. Klein geschnitten werden sie dann mit einer Salatmarinade gewürzt.

Die Marinade besteht aus Essig und Olivenöl und einem guten Teil von Poudre fine, dessen Zusammensetzung bereits hier erwähnt wurde.

Noch einige Worte zum Olivenöl: Die Küchenrechnungsbücher des Stifts Klosterneuburg aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geben sehr schön Aufschluß über jene Nahrungsmittel, die die Klosterküchen (es gab derer drei) zukaufen mussten. Neben Zucker wurden auch erkleckliche Mengen Olivenöl in REchnung gestellt!



Rettichsalat

Um dem Wunsch nach mehr Gemüse nachzukommen, gab es diesmal noch einen erfrischenden Salat aus Bierrettich mit Joghurt und Schnittlauch.



Süße Topfenpastetchen

Zwar konnten die süßen Gelüste diesmal schon mit dem kalaten Brathuhn befriedigt werden, doch eine Nachspeise muß einfach sein.

Doris hat uns daher mit süßen Topfenpastetchen mit Marmeladefüllung versorgt.



Gemeinsam mit dem obligatorischen Apfelmus ein toller Nachmittagssnack.

Wir haben übrigens auch noch "Reste" aufgebraucht. Von unserem letzten Eiermenü war noch gelbe Sauce übrig, die sich im Kühlschrank ausgezeichnet gehalten hat und wohl als "Grillsauce" bei der ein oder anderen Grillerei des 21. Jahrhunderts Einzug halten wird!



Fotos: C. Curreli