Samstag, 16. Juli 2016

Ahh .. A!

Manchmal macht man was in diesem Hobby und denkt gar nicht dran, dass es außer historischen Quellen auch Szeneinternes und Geopolitisches gibt das Auswirkungen haben könnte. So ging es mir jedenfalls mit meiner neuen Gürteltasche die schon im letzten Beitrag kurz vor der Vollendung stand.

Aber fangen wir mal von der anderen Ecke her an. Über das Tragen von Dolchen und Dolchmessern als Trachtbestandteil habe ich ja schon einiges geschrieben hier auf unserem Blog. Und auch die kombinierte Trageweise in Verbindung mit einer Gürteltasche ist bisher nicht gerade unbehandelt geblieben, so zum Beispiel hier.

Das dann für eine neue Dolchscheide mit Dolch auch ein neues Täschchen her muss ist ja in Wahrheit gar kein Muss sondern ein Will. Aber bei so schönen roten Leder auf ein Gürteltäschchen verzichten? Niemals nicht!

Noch mal das Bild aus dem letzten Beitrag .. für alle die sich nicht nochmal durch eine Messerhymne quälen wollen


Form und Größe der Tasche lassen sich von zahlreichen Buchmalereien aber auch Originalfunden ableiten. Sie besteht aus mit Krapp rotgefärbtem und vegetabil gegerbtem Rindsleder mit einem Innenleben aus Ziegenleder (Alaungerbung).
Die Bindung folgt ebenfalls den Originalen, vor allem jenen aus den Niederlanden, wo diese Art die Vorder- und Rückseite der im Prinzip aus einem Stück Leder bestehenden Aussenschicht zu verbinden durch zahlreiche Funde belegt ist.

Haupttasche (linke Seite) und ein kleiner Eingriff in den Taschendeckel (rechts)

Wie man sieht ist die Innenkonstruktion denkbar simpel, die weißen Ziegenlederpanele werden eingefasst von einem Streifen des roten Außenleders und bilden mit dieser Außenschicht gemeinsam die eigentlichen Taschen. Einfache Schlitze bilden hier den Zugang ins Tascheninnere.

Erhaltene Original (z.b. aus London) lassen auf Grund der Ahlenspuren an den Eingriffrändern den Schluss zu, dass die Schlitze gesäumt oder versäubert waren und so habe ich in diesem Fall einen Randstich mit blaulila Seide gewählt. Eine wirklich schöne Farbe, mit Holunderbeeren gefärbt aber leider so was von gar nicht lichtecht. 
Da aber in meiner Tasche ähnlich wie in einem meiner Körperteile nie die Sonne scheint ist das der ideale Einsatzort dafür. Also die Tasche, nicht der Körperteil dessen Bezeichnung noch irgendwie mit unserer Geschichte zu tun bekommt.

Wie man schon dem letzten Beitrag (und der den regelmäßigen Lesern dieses Blogs bekannten Zierwut meiner Person) entnehmen kann war mir die Lederprägung in Doppellinie ein wenig zu wenig .. "a wen'g z'wen'g" wie man im Wienerischen sagt (das hier verdächtig cthulhuesk klingt?).

Irgendwas musste da drauf, und ich kann jetzt schon sagen ich hab's festgenietet so wie auch die Metallverzierungen bei der Londontasche genietet wurden.


Ja aber was ist es den nun, das was da vorne drauf ist .. na bei dem Blogtitel dürfte das ja wohl ähnlich klar sein wie die Identität des Mörders bei einer Folge "Inspektor Columbo".


Da ist es .. "Amor vincit omnia", die Liebe besiegt hier nämlich alles. Die Liebe zu meiner Frau in diesem Fall, und nicht die zu roten Lederaccessoires.

Eigentlich hat der gute Vergil (nicht verwandt mit dem fast gleichnamigen Stundengebet, der Vigil) ja: Omnia vincit amor geschrieben, aber wie immer im Mittellatein ist da ein wenig ein Durcheinander entstanden.
Die Minnesänger und ewigen Romantiker (der wo ich einer bin) des 14.Jahrhunderts jedenfalls waren voller Amor (gelegentlich auch voller "armour" aber das ist eine andere Geschichte) und das "A" zierte Wappen, Banner und, wie in einem französisch-flämischen Alexanderroman von 1340 (Ms. Bodl. 264) zu sehen auch Gürteltaschen:

Das Bild wir Ihnen nachgereicht sobald die verdammte vom Teufel besessene EDV mal das tut was ich von ihr erwarte statt sich in ewiger Onanie mit sich selbst zu belustigen

EDIT:
Heute ist mir dann auch gelungen meiner Bildsammlung endlich das gewünschte Bild abzuringen:

Ganz rechts bin ich nach Einnahme eines starken Haarwuchsmittels


Jedenfalls hab ich, getrieben von Romantik und feuriger Hingabe ein "A" aus einer Handschrift herausgesucht, es auf Messingblech übertragen, mit dem Meißel ausgeschlagen (immer noch voller Inbrunst), mit der Feile in Form gebracht (auch noch voller Leidenschaft) und es zuletzt mit Punkten an den Rändern verziert (mit einem kräftigen Krampf in der Hand).

Dann noch Löcher gebohrt (nachdem der Krampf weg war), am Täschchen zentriert und mit zwei Nieten fixiert. Fertig! Was war ich stolz!


Und dann? Dann kam Tochter und meinte:

"Super, Papa! Als ob es nicht reicht, dass sich dich auf jedem Märchenkostümfestl mit ranzigem [Ihr neues Lieblingswort irgendwie] Gemüse bewerfen weil du auf Facebook über sie herziehst, nein, jetzt musst du dir auch noch aufs Tascherl tackern wie "A" du bist!"

Was soll man da sagen .. die liebe Kleine hat ja recht. Und mit zarten 13 ist sie für die wahre Geschichte der Liebe und Hingabe ja auch noch viel zu jung. Gott sei Dank. Und ebenso sei der Herr im Himmel gepriesen, dass wohl alle Buben in ihrer Klasse mittlerweile wissen dass ich einen leichten Hang zu Klingenwaffen besitze.

Aber zur Beurteilung meiner Werke? Da müssen erfahrene Damen her ... meine Frau, die innig Geliebte, die Flamme meines Herzens, die Sehnsucht meiner von töchterlichen Aussagen schwer gebeutelten Seele!

Tja, und die meinte dann:

"Sehr hübsch! Aber bist du sicher, dass damals "A" schon das internationale Länderkennzeichen von Österreich war?"

Da bleibt mir nur den "Maskulexit" aus meiner Doppel-X-chromatischen Familie vorzubereiten und es mit dem alten Dänen zu halten: "Der Rest .. ist Schweigen!"