Dienstag, 23. August 2016

HOW TO: Gürtelbleche oder "Wie bastel ich einen Mittelaltergürtel?"

Es ist soweit, ich mach ein How-To. Etwas das mir beruflich schon mehr als einmal einen Nervenzusammenbruch erspart hat wenn ich mal wieder irgendeinen Linuxserver etwas beibringen musste, das er so absolut nicht als seine Kernaufgabe akzeptieren wollte. Weil mich aber Computerbetriebssysteme zwar regelmäßig beschäftigen aber mein Bloginteresse nicht wirklich treffen, soll es um etwas gehen das einen Hobbynutzen hat.

Im heutigen Premieren-How-To patze ich also ein Beschreibung ins Netz in der es um  um einen einfachen Gürtel geht und ich will Schritt für Schritt zeigen wie man Schnallenblech und Riemenzunge anfertigt und montiert.

Dazu beginnen wir mit einer Übersicht was ihr dazu an Werkzeugen braucht. Ich hab dazu meine historischen Werkzeuge fotografiert, weil ich auch daheim am Esstisch damit arbeite. Man kann aber natürlich auch mit modernen Werkzeugen "substituieren" wenn man sich das ganze Klumpert nicht in Vorführungsqualität zulegen möchte. Entsprechende Hinweise werde ich bei den einzelnen Schritten angeben (wenn ich es nicht vergesse und es eurer Kreativität überlasse).


Das also als erste Übersicht, und wie üblich gleich mal mit dem ersten Fehler, denn ich hab die Gürtelschnalle nicht auf dem Bild die wir natürlich auch brauchen. Als Buße muss ich ganz katholisch jetzt natürlich noch etwas zu Schnallen schreiben:

Passende Schnallen gibt es in verschiedenen Internet-Shops (z.B. Lorifactor) zu kaufen oder auch mal auf Märchenmärkten zu erwerben. Für den Anfang empfehle ich einfache D-förmige Schnallen aus Messingguss, natürlich in einer zur Darstellung passend Form. (Welche passt? Schaut einfach in der Literatur nach).

Wenn ihr Form und Dekoration der passenden Schnallen ermittelt habt und erfolgreich ein passendes Schnallentier erlegt habt, müsst ihr die Dimensionen des Riemens und der entsprechenden Beschläge ermitteln um weiterarbeiten zu können, die sind nämlich von der einzusetzenden Schnalle abhängig:


Die für die weiteren Arbeiten nötigen Maße habe ich in der Zeichnung angeführt, nämlich die Riemenbreite und die Stegbreite.

Jetzt aber wollen wir mit der Arbeit anfangen, also schneiden wir mit der Blechschere von einem Messingstreifen (oder aus einem entsprechenden Blech) das Rohmaterial für das Schnallenblech in Riemenbreite:


Je nach gewünschter Länge des späteren Schnallenblechs scheiden wir dann die Länge des Blechs zu. Da wir heute nur ein unverziertes Schnallenblech machen wollen reicht uns ein recht kurzes Blechstück. Meines hat etwa die Länge der doppelten Riemenbreite.
(Wer jetzt schon einen Streifen in Riemenbreite schneidet der deutlich länger als die benötigte Schnallenblechlänge ist hat nachher gleich was für die Riemenzunge übrig)


Am fertigen Schnallenblech zeichnen wir uns jetzt die nötigen Aussparungen an die das Schnallenblech erst zum Schnallenblech machen und es somit aus der drögen Masse der Buntmetallreste hervorheben.

Ich benutze dazu einen geschmiedeten Zirkel, das geht aber natürlich genau so gut mit Lineal und Bleistift:


Hier "reisse" ich die Reduktion des Bleches an, also jenen Teil wo das riemenbreite Blechstück auf Stegbreite verjüngt wird. (Ich mach das nach Augenmaß und meistens ohne anreissen, für den Anfang ist es aber leichter sich die Reduktion an jeder Blechseite auszurechnen: Riemenbreite minus Stegbreite, und das Ganze geteilt durch 2 muss auf jeder Seite weg):

Schematisch gezeichnet ergibt es vielleicht mehr Sinn, deshalb ein Bild:


Direkt am Blech angerissen sieht das alles dann so aus, die Maße für die Länge der Verjüngung und vor allem für den Schlitz für den Schnallendorn sind nicht (so einfach) zu berechnen, da müsst ihr schätzen. Wichtig ist aber, dass der Schlitz für den Dorn länger ist als die Verjüngung und breiter als der Dorn auf eurer Schnalle.


Für das Herausarbeiten der angezeichneten Teile nehmen wir einen Meißel, damit geht die Arbeit am schnellsten und saubersten von der Hand:


Mit Meißel und Hammer wird jetzt frei nach dem Zitat von Michelangelo einfach alles weggeschlagen was nicht zu einem Schnallenblech gehört:


Vor allem das Auslösen des mittleren Blechstückes für den Schnallendornschlitz ist da etwas knifflig, es hilft den Meißel hier schräg anzusetzen:


Wenn diese futzelige Arbeit erledigt ist haben wir entweder a) Frustfalten, b) Fingerkrämpfe, c) eine Schnittwunde, d) die Nase gestrichen voll, e) alles zusammen ... oder aber f) das fertige Schnallenblech vor uns liegen:


Die durch das Meißeln entstandenen scharfen Grate und spitzen Ecken müssen jetzt weg, denn schließlich will man sich später das schöne Gwand ja nicht am Gürtel luckert wetzen.
Das geht mit einer Feile aber auch mit einem Wetzstein, ich verwende hier mal Letzteres, weil Ersteres in der Werkzeugkiste immer auf mysteriöse Weise nach unten diffundiert:


Nach dem Entgraten und abrunden sollte der ganze Zauber jetzt so aus sehen .. oder schöner wenn ihr euch mehr Mühe gegeben habt:


Jetzt können wir Schnalle und Blech eigentlich schon montagebereit machen, das geht in der Regel ganz fix. Die Schnalle wird so eingelegt, dass der Dorn in den Schlitz geführt (Wieder 30 Extratreffer bei Google und 2 neue Einträge in Amateurpornoseiten) und über der späteren Schau/Außenseite zu liegen kommt und der Schnallensteg auf der Unterseite, der späteren Innenseite liegt:


Nun wir das Schnallenblech um den Steg gebogen. Da das je nach Blechstärke durchaus ein wenig Kraft in den Fingern braucht kann man das Schnallenblech vorher auch über eine Tischkante vorbiegen.


Je nach Dicke des späteren Gürtelriemens kann man das Gürtelblech jetzt hinter dem Schnallensteg noch flach klopfen, ich mach das mit der Finne des Hammers:


Zum Abschluss werden die Metallteile, vor allem aber das Blech dann noch poliert. Dazu geht historisch gesehen geöltes Leder und feiner Sand oder aber Schachtelhalm. Modern kann man gut zu Sandpapier oder Schleifvliesen greifen. Das Polieren VOR dem Montieren erlaubt rascheres Arbeiten weil man nicht darauf achten muss den Riemen selbst nicht mitzubeackern.

Jetzt legen wir das polierte Schnallenblech mit Schnalle mal zur Seite und wenden uns der kurz und schmerzlosen Prozedur einer einfachen Riemenzungenproduktion zu.

Dafür schneiden wir einfach einen Streifen in Riemenbreite in der doppelten Länge der späteren Riemenzunge:


Nach dem Zuschnitt wird der streifen ganz einfach in der Hälfte gefaltet, bei einer Riemenzunge in Riemenbreite, so wie hier, natürlich der Breite nach. Auch hier hilft das Falten über eine gerade Kante etwas Kraft zu sparen:


Fertig gefaltet sieht die Rimenzunge jetzt (hoffentlich) so aus:
(Wenn sie stattdessen wie ein tanzender Kolibri oder ein Gummibärchen kotzender Gecko aussieht habt ihr zu viel gefaltet und solltet das Origami-Buch zurück ins Regal stellen)


Da der Biegeradius natürlich noch zur Riemendicke passen muss ist es in der Regel nötig das Blech noch mit dem Hammer flach zu klopfen:


Vorsichtig klopfen hier ist aber angesagt, denn wird der Knick zu scharf passt der Riemen nachher nur schlecht in die Zunge! (+45 Hits bei YouPorn). So sollte das dann aussehen:


Wer jetzt sagt: "5 Bilder und 300 Wörter nur für das Falten eines Blechstreifens? WTF?" hat noch nie 4 Lebensstunden vor Ubuntu 16.04 Server verbracht um sich danach zu ärgern dass im How-To ein deppertes Hochkomma gefehlt hat.

Es ist aber nun Zeit Résumé zu ziehen, sich zufrieden zurückzulehnen, die Finger zu entspannen und dann bei Goggle nach "Riemen + Zunge + Schlitz" zu suchen und sich über die Schlechtigkeit der Welt zu wundern.

Am Besten wäre es aber seine bisherige Arbeit mit gewissem Stolz zu betrachten, es sollte jetzt vor euch etwas liegen dass in etwa SO aussieht:


Fehlt nur noch das Montieren. Die Bestandteile und Werkzeuge die wir jetzt brauchen hab ich wie ganz oben mal bildlich zusammengefasst:

 
Und da bieten sich gleich ein paar Möglichkeiten. Ich z.B. verwende in der Regel Messingnieten mit halbrundem Kopf. Man kann aber auch mit Messingnägeln oder einfachen Messingstiften vernieten.

Auch die Entstehung der Nietlöcher kann man sich einfach machen und sie nach dem Einlegen des Riemens mit dem Akkuschrauber bohren oder aber man macht sie per Hand. Mit einer Dreule z.B. Oder aber man schlägt sie, das braucht am wenigsten Werkzeug erfordert aber durchaus ein wenig Übung.

Zuerst leg ich den Riemen in das vorgebogene Schnallenblech, such mir den schönsten Platz für die Niete aus und schlage mit einem Stichel ein Loch ins Blech. Der Trick hierbei ist das Nietloch so groß zu machen dass der Nietschaft genau passt, gleichzeitig der Stichel das spätere Loch im Leder macht und durch das Leder hindurch das Loch auf der Gegenseite markiert.


Danach klappen wir das Ganze auf, und machen an der markierten Stelle der späteren Schnallenblechrückseite ein weiteres zum Nietschaft passendes Loch ins Blech.

Den Vorgang wiederholen wir dann mit der Riemenzunge, auch dort wollen wir zwei schön gegenüberliegende Löcher im Blech haben:


Jetzt wird der Rimen wieder in Schnallenblech und Riemenzunge eingelegt, beide Teile werden mit leichten Hammerschlägen an den Riemen herangebogen und dann wird die Niete durchgesteckt. Der Nietkopf kommt hierbei auf die Schau bzw. Aussenseite des Gürtels.
(Dazu kann es manchmal nötig sein das Loch im Riemen mit dem Stichel vorher noch etwas aufzuweiten.)

Je nach Länger der benutzten Nieten muss man diese vor dem Vernieten eventuell noch etwas einkürzen, z.B. mit einer Kneifzange (oder modern mit einem Seitenschneider):


Der Überstand der Niete auf der Rückseite sollte in etwa den Nietdurchmesser haben, bei meinen 2mm Messingnieten lasse ich die Niete also auch 2mm überstehen.

Dann wird mit vorsichtigen Hammerschlägen vernietet. Dazu beginnt man leicht und vorsichtig den Nietschaft flachzuklopfen. Erst wenn die Niete in den Löchern fest sitzt schlägt man fester bis der Nietschaft sich flach verformt hat.
Eine ebenso passende Herangehensweise wäre das arbeiten mit Nietzieher und Nietkopfformer (einfach mal googeln), für einfach Gürtel und die in der Regel eingesetzten winzigen Nietchen ist das in der Regel nicht notwendig.


Die hier gut zu sehenden Überstände des Riemenmaterials (in diesem Fall Leder) über die Riemenzunge kann man nach dem Vernieten gut mit einem scharfen Messer wegschneiden. Und dann ist es geschafft!


Mit einem letzten Bild über das Übungsgürtelchen verabschiede ich mich dann auch mal wieder und geh meinen Schild weiterpinseln ... nachdem ich darauf hingewiesen habe wie toll es ist mit guten Freunden in einer Gruppe wie der IG14 zu arbeiten.

Denn was für mich ein dokumentierbares Übungs- und Schauprojekt war ist jetzt ein Gürtel für Thorsten dessen Frau Agnes mir die Pigmente fürs Schildmalen mitgebracht hat. Und das alles ohne lange zu Verhandeln oder Abzurechnen .. einfach so .. schön!