Freitag, 19. August 2016

Irgendwie ... drollig

Drollig, nicht prollig. Und auch nicht rollig. Wirklich drollig! Von "Drolerien" und somit aus dem französischen drôl was so viel heißt wie lustig oder komisch.

Gemeint sind mit dem Begriff "Drolerie" übrigens die witzigen und oftmals mehr als schrägen Randbilderchen in der gotischen Buchmalerei. Auf mich wirken die immer so als würde ein junger Mönch der gerade 12 Seiten altes Testament abgeschrieben hat, und noch Farbe in der Muschel, das aufmalt von dem alle im Dormitorium immer gesagt haben: "Traust dich nie, Siegbert!"

Jedenfalls müssen alle Buchkünstler in der Welt da draußen und auch damals sich nicht fürchten dass ich in ihrem Revier wildere. Könnt ich auch gar nicht. Ich kann nur ein bisserl "in der Gegend rumschießen" mit  meiner Messerscheidenverziererei.


Grundlage für die letztägliche Drolligkeit war mal wieder Messerscheiden zu machen die ich so noch nie hatte. Und da wilde Phantasiekreaturen wie Greife oder Drachen auf Originalen zu finden waren dachte ich mir: "Was solls, mach was Fantasievolles! Die Leute werfen die ohnehin staubtrockene A-Papsttümlerei vor .. da kannst du auch mal deinen Spaß haben."
So hab ich mir dann mal die Palette der erhaltenen Drolerien vorgenommen und mir einen Teil des Wahnsinns angetan denn die damals so verzapft haben ... z.b. im Lutrell-Psalter dessen Drolerien zum Teil wirken als hätte der Ururururururusw.-Opa von Dali mit Hironymus Bosch geschlafen und während dem Löffelchen ein bisserl herumillumniert:


So wild wollt ich nicht werden, das sag ich gleich vorweg. Also keine Genitalien mit Irgendwas das aus Irgendwem rauskommt oder Ähnliches. Gesittet verrückt halt.

Zu den Messern selbst ist nicht viel zu sagen, beide haben Plättchentechnik mit schwarzen Wasserbüffelhorn, das eine ergänzt mit Messingscheiben das andere mit Rindsknochen. Die Griffe sind wie üblich aus Buchsbaum und tragbar sind die guten Stücke vom 13. weg bis ins 14. hinein:


Nix Besonderes also so weit bis eben auf die Scheiden. Dafür hab ich, die sind nämlich auf einem 500 Jahren alten Tisch im späten Nachmittagslicht und in historischer Klamotte vor Publikum entstanden, einfach die umstehenden Staunenden "brainstormartig" gefragt wie das Ding wohl aussehen soll.
Vor allem die Kinder waren da nicht zu bremsen mit ihren Wünschen nach Rüsseln und Flügeln und Vogelbeinen und Blumenranken ...


So entstand zuerst jemand den ich den "Verdutzten Meinbert" nenne, ein geflügeltes vogelbeiniges Wesen aus dem Lande Johannes Presbyters der ganz erstaunt, und irgendwie resignierend, auf die Knospe blickt die aus seinem Kopf entspringt.

Der andere Heftteil hingegen zeigt "Knilf", meinen blätterärmeligen Liebling. Ein wenig dicklich, irgendwie muffig und, wären die erwähnten Blätter nicht, so ein Art frühmorgendliches Mentalitäts-Selbstportrait.

"Knilf" (oben) und der "Verdutzte Meinbert" (unten)

Die Klingenteil der Messerscheiden haben dann zwei andere Kreaturen zu bieten: "Rudpolt, den Rüsselstorch" und die "Tiroler Medusa":


Damit man sich das Ganze dann noch hübsch ans Gürtelchen hängen kann hab ich dann noch eine einfache 2-Punkte-Aufhängung gemacht und mit 5-Schlaufen-Flachbändern aus Leinen versehen. Ohne vorher zu rechnen diesmal, weil es spät war und ja nicht drauf ankam.


Und somit: Wieder ein Wochenende, wieder ein Messer! Aber diesmal in Zusammenarbeit mit "Knilf", "Meinbert", "Rudpolt" und der nun hier als "Medusa" verewigten Urtirolerin die zu meinen ausführlichem Fachvortrag nur meinte: "Desch mecht I aba lierba vun an Tirouler hern!". Ich danke also allen Vieren für das ausgiebige Modellsitzen (in einem Fall eher das eingeschnappt Modellvorbeigehen) und verbleibe, wie immer, in Güte und Freundschaft, in Luft, Licht und Liebe und all dem Zeugs ...