Prost! Zechmeister klingt ja schwer nach Alkoholiker. Ist es aber nicht, denn in der Tat hießen die "Zünfte" im Wien um 1350 nämlich "Zechen". Und einen Vorsteher so einer Zeche möchte ich mit meinem neuen Rekonstruktionsversuch einer hochgotischen Alltagskleidung angehen.
(1) Wohlhabender Wiener Handwerker um 1350 A wealthy viennese Craftsman aorund 1350 |
Our english-speaking guests can find an abstract at the end of the article
Warum denn gleich einen Zechmeister kann man sich da fragen. Gute Frage. Das hat mit der Nebenbaustelle der Wehrbürgerdarstellung zu tun die gerade im Aufbau ist.
Auch wenn es für die Darstellung eines Viertelmeisters, also eines Kommandierenden der vier Viertelaufgebote Wiens in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wohl noch nicht ganz reicht, so soll es doch ein wohlhabender Wehrbürger werden .. mit breiter Ausrüstungspalette und vor allem mit eigenem Zelt. "Meine" schnarchenden und furzenden Gesellen und Knechte dürfen sich dann natürlich gleich daneben eine Laubhütte bauen.
Wenn also ein Handwerker für so eine gehobene Infanteriedarstellung in Frage kommen soll, dann wohl ein Zechmeister einer der bedeutendsten Zechen Wiens zu dieser Zeit: der Messerer!
Neben dem Wein (und ein paar Kleinigkeiten) waren Messer der Exportschlager des gotischen Wien. In einem langen Bogen die Donau abwärts, von Enns über Tulln bis eben in die Herzogs- und Hauptstadt Österreichs wurden in großer Zahl Messer gefertigt und gehandelt. Vorwiegend ins heutige Osteuropa, und damit hinauf nach Polen und östlich nach Ungarn und Siebenbürgen. Textquellen (aufgearbeitet in "Der auswärtige Handel des Herzogtums Österreich im Mittelalter", T. Mayer) sprechen von enormen Mengen die in die Hunderttausende Stück gehen
Ein entsprechend wichtiger Mann war der Vorsteher der Messererzeche also, vor allem wenn er (wie nicht unüblich) nicht nur in die Fertigung sondern auch in (meist geringem Umfang) den Handel selbst involviert war. Und trotz allem nur ein Handwerker. Kein Erbbürger oder großer Handelsherr und auch (noch) nicht im Stadtrat, das gelang den Handwerkern erst 1396.
Wie man oben sieht trägt "Niklas" einen in teurer Doppelfärbung (Reseda - Indigo) gefärbten kurzen Rock der neuesten Mode. Und das obwohl er nicht mehr der Jüngste ist. Auch die Stiefel sprechen für ein gewisses Grundvermögen. Gegürtet wird Rock mit einem mit vergoldeten Beschlägen versehenen und mit Seide gefüttertem Gürtel an dem nicht nur die Gürteltasche sondern auch, wie kann es bei einem Messerer anders sein, das Dolchmesser seinen Platz findet.
Schultern (oder gar der Kopf, siehe unten) sind mit ausgiebiger Zaddelmode dekoriert, in Form einer gefütterten Gugel in knalliger Resedafärbung. Oben auf, in diesem Falle, ein hübscher Hut. Natürlich mit Feder. Wegen Errol Flynn und ... nein, ich fang nicht wieder damit an!
Auch wenn es für die Darstellung eines Viertelmeisters, also eines Kommandierenden der vier Viertelaufgebote Wiens in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wohl noch nicht ganz reicht, so soll es doch ein wohlhabender Wehrbürger werden .. mit breiter Ausrüstungspalette und vor allem mit eigenem Zelt. "Meine" schnarchenden und furzenden Gesellen und Knechte dürfen sich dann natürlich gleich daneben eine Laubhütte bauen.
Wenn also ein Handwerker für so eine gehobene Infanteriedarstellung in Frage kommen soll, dann wohl ein Zechmeister einer der bedeutendsten Zechen Wiens zu dieser Zeit: der Messerer!
Neben dem Wein (und ein paar Kleinigkeiten) waren Messer der Exportschlager des gotischen Wien. In einem langen Bogen die Donau abwärts, von Enns über Tulln bis eben in die Herzogs- und Hauptstadt Österreichs wurden in großer Zahl Messer gefertigt und gehandelt. Vorwiegend ins heutige Osteuropa, und damit hinauf nach Polen und östlich nach Ungarn und Siebenbürgen. Textquellen (aufgearbeitet in "Der auswärtige Handel des Herzogtums Österreich im Mittelalter", T. Mayer) sprechen von enormen Mengen die in die Hunderttausende Stück gehen
Ein entsprechend wichtiger Mann war der Vorsteher der Messererzeche also, vor allem wenn er (wie nicht unüblich) nicht nur in die Fertigung sondern auch in (meist geringem Umfang) den Handel selbst involviert war. Und trotz allem nur ein Handwerker. Kein Erbbürger oder großer Handelsherr und auch (noch) nicht im Stadtrat, das gelang den Handwerkern erst 1396.
Wie man oben sieht trägt "Niklas" einen in teurer Doppelfärbung (Reseda - Indigo) gefärbten kurzen Rock der neuesten Mode. Und das obwohl er nicht mehr der Jüngste ist. Auch die Stiefel sprechen für ein gewisses Grundvermögen. Gegürtet wird Rock mit einem mit vergoldeten Beschlägen versehenen und mit Seide gefüttertem Gürtel an dem nicht nur die Gürteltasche sondern auch, wie kann es bei einem Messerer anders sein, das Dolchmesser seinen Platz findet.
Schultern (oder gar der Kopf, siehe unten) sind mit ausgiebiger Zaddelmode dekoriert, in Form einer gefütterten Gugel in knalliger Resedafärbung. Oben auf, in diesem Falle, ein hübscher Hut. Natürlich mit Feder. Wegen Errol Flynn und ... nein, ich fang nicht wieder damit an!
(2) Wienischer Zechmeister in Alltagskleidung Vienniese guild master in his every day clothes |
Aus klimatischen (oder einfach angeberischen) Gründen ist das Ganze dann noch mit einem Mantel ergänzt. Das mit weißer Wolle gefütterte und mit Rotholz und Krapp gefärbte Stück hat ebenfalls Zaddeln aufzuweisen (eigentlich zu sehen am Grabmal eines englischen Ritters um 1330, aber da Wien in der Dichtung immer wieder mit starker Verzaddelung in Verbindung gebracht wird hab ich mir das erlaubt). Nach aktueller Mode wird der Mantel auch nicht länger mit einem Fürspann, sondern bereits mit Knöpfen geschlossen.
(3) .. ganz schmuck und fashionvictimized mit Gugelhut .. in latest fashion wearing an early chaperon |
Wie sein oben bereits verlinkter ärmerer Handwerksgenosse "Niklas" (nicht verwirren lassen, es hießen tatsächlich eine Menge Leute im 14. Jahrhundert in Wien "Niklas" so wie scheinbar in den Pyrenäen zur selben Zeit alle Kerl "Pierre" hießen) verschließt auch er sich nicht der französischen Modetorheit die Gugel auch mal verkehrt auf dem Kopf zu tragen, als Gugelhut.
Ergänzt wird das ganze Ensemble in Zukunft noch durch eine neue, hölzerne Dolchmesserscheide mit Ortband sowie um eine der feschen Löffelärmelsuckneien meiner Zeit. Das mach ich dann ... im Winter!
Abstract for our english speaking visitors:
This my reconstruction of the clothing and accessories of a wealthy craftsman and guild master in Vienna around 1350. I'am wearing a short and fully buttoned green cotte (dyed with reseda and imported indigo), high boots made from calfleather (after a finding from Konstanz) and a heavily dagged hood of latest fashion. The belt is made from leather with gilded mounts and carries girdle bag and dagger knive. The hat is a bycocket and typical for this time period. (1).
The dress can be supplemented by a cloak made of white and red coloured wool, also with dagges after an example from England. (2)
The hood was also worn directly on the head as a piece called a "chaperon" (3)
Ergänzt wird das ganze Ensemble in Zukunft noch durch eine neue, hölzerne Dolchmesserscheide mit Ortband sowie um eine der feschen Löffelärmelsuckneien meiner Zeit. Das mach ich dann ... im Winter!
Abstract for our english speaking visitors:
This my reconstruction of the clothing and accessories of a wealthy craftsman and guild master in Vienna around 1350. I'am wearing a short and fully buttoned green cotte (dyed with reseda and imported indigo), high boots made from calfleather (after a finding from Konstanz) and a heavily dagged hood of latest fashion. The belt is made from leather with gilded mounts and carries girdle bag and dagger knive. The hat is a bycocket and typical for this time period. (1).
The dress can be supplemented by a cloak made of white and red coloured wool, also with dagges after an example from England. (2)
The hood was also worn directly on the head as a piece called a "chaperon" (3)