Heute bin ich bei meiner ständigen Suche nach Bildquellen auf ein sehr hübsches Stück gestoßen, eine elfenbeinerne Schreibtafel mit wunderbaren (und auch etwas wunderlichen) Schnitzereien.
Das Stück befindet sich in der Sammlung des Walters Art Museum in Baltimore, es handelt sich um ein französisches Stück aus der Mitte des 14. Jahrhunderts (datiert mit 1340-1360) und weist bei seiner geringen Größe von gerade mal 10x5cm einen ungeheuren Detailreichtum auf.
Das Thema ist, wie auf vielen profanen Elfenbeinarbeiten dieser Zeit, die Narrheit großer Denker der Antike, verursacht durch lüsterne Frauen.
Quelle: Walters Art Museum (thewalters.org) |
Die hier dargestellten Szenen umfassen unter anderem den römischen Dichter Virgil (linkes, oberes Viertel), der sich in einem Korb zu einem Rendezvous mit einer Dame eine Mauer hochziehen lässt um dann zu Gespött aller Anwesenden zu werden als man auf halber Strecke hängen lässt.
Man beachte hier besonders den Korb, der eindeutig stabile Standfüße aufweist.
In der unteren Hälfte, die ebenfalls beliebte Darstellung des verführten Philosophen Aristoteles, in der linken Hälfte wird Phyllis dazu von Alexander dem Großen angestiftet, in der rechten schreitet sie zur Tat.
Schön ist hier die brettchenwebende Phyllis abgebildet, man beachte in dem Fall das Webschwert und die scheinbar achteckigen Brettchen.
Das recht obere Viertel wird von einer mir unbekannten Szene dominiert (eindeutig zweideutig in diesem Fall), als beachtenswertes Detail ist hier der Damenstrumpf an der Wade der kauernden Dame zu sehen, Damenstrumpfabbildungen sind für die Hochgotik doch relativ selten zu finden.
Der Kniestrumpf für Frauen geht vom Schnitt her bis über das Knie, wird jedoch unter dem Knie und somit oberhalb der Wade mit einem Band verschnürt, der Überstand an Stoff wird nach unten umgeschlagen.
Ebenfalls recht explizit erkennbar ist natürlich auch die zeittypische Abwesenheit hosenartiger Unterbekleidung bei der Damenmode!
Wer sonst noch für ihn interessante Details in diesem Teil des Kunstwerks findet, darf sie gerne behalten.
Jedenfalls wird vom Autor keinerlei Haftung für eine etwaige historische Nachstellung dieser Szenerie übernommen.