Bunt! Nicht gerade das erste Wort das einem einfällt wenn
man sich berüchtigte Hollywoodmittelalterfilme, billige Dokumentationen oder
heutige Burgruinen und Kathedralen ansieht. Steinsichtig grau stehen die Bauwerke da
in der Gegend herum, hellbraun, dunkelbraun und grau laufen Schauspieler durch
schlammbraune Szenerien.
Aber die Gotik war bunt. Statuen und Figuren waren in der
Regel aufwändig bemalt, die Innenräume von Kirchen und besseren Häusern waren mit
bunten Fresken verziert, bunte Glasfenster ließen das Licht Gottes in die Kirchen und die erzielbaren und auch getragenen Farben bei
mittelalterlicher Kleidung, alleine erzielt durch Pflanzen, Flechten, Pilze
oder Tierbestandteile, erstaunen jeden geschichtsinteressierten Laien immer
wieder aufs Neue.
Und damit kommen wir zum angesprochenen bunten Pudelhundes
Kern: Ich find das gut! Ich mag bunt. (Naja, zu mindestens in der Darstellung,
privat bin ich ja eher der Hollywood-Mittelalterbauer-Typ in braungrauoliv).
Und da ich auch Messermacher bin, gehört bunt da eben auch dazu
Bisher habe ich diesen Aspekt in meinen
Scheidenrekonstruktionen allerdings zu wenig einfließen lassen, denn abgesehen
von der gelegentlichen Schwarzfärbung und einem Ausflug ins Rote (den muss ich
demnächst mal bloggen) sind meine Messerscheiden Naturbraun. Schrecklich
klischeehaft.
Tatsächlich ist aber auch in der Fachliteratur immer wieder der
eine oder andere Hinweis zu finden, dass Messerscheiden in der Tat bemalt waren.
So finden sich z.B. auf erhaltenen Scheiden aus London Spuren von Farbpigmenten,
meistens Ocker. Auch erhaltene Lederobjekte zeigen deutlich die Spuren von
Bemalung, wie z.b. ein französisches, mit Leder verkleidetes Kästchen aus der
zweiten Hälfte des 14.Jahrhunderts dessen Farbgebung noch sehr gut zu erkennen
ist:
Also informierte ich mich mal über damals verwendete Farben
und Farbtypen und kam (auch dank der Malerinnen in unserer Truppe) recht rasch
auf den Begriff der Tempera. Darunter versteht man mit öliger Emulsion angerührte
Farbpigmente, wie z.b. den oben schon erwähnten Ocker. Gesagt, gesucht, getan,
gekauft und losgeockert:
In diesem Fall habe ich mich einerseits von den Ockerspuren
des Fundes aus London sowie der rottönigen Palette des Kästchens inspirieren lassen und die Messerscheide des Essmessers meiner Frau
in Erdtönen bemalt:
Völlig angeheizt von der Erfahrung mal etwas anzupinseln das
nicht Wohnzimmerwand heißt, ließ ich die erste Scheide trocknen und stürzte mich
gleich auf die Nächste:
Hier wurde ich dann schon deutlich mutiger was die Farben
angeht und völlig überwältigt von der Vielfalt an möglichen Farbtönen schlug
ich gleich mal richtig zu – der bunte Hund .. naja, Drache in dem Fall:
Und weil die Pinsel jetzt eh schon dreckig waren ging ich
rüber zum Schaukästchen und griff mir noch eine Lederscheide:
Diesmal verwendete ich mehr oder weniger die gleichen Farbtöne
wie beim Drachenmesser, spielte dafür aber erstmals mit Licht und Schatten ein
wenig herum:
Und dann ... dann, bevor ich jetzt in meinem Überschwang auch noch die restlichen
Scheiden, eventuell herumstehende Becher und halbfertige Kleidungsrekonstruktionen
mit künstlerischer Hand in farbenstrotzende Meisterwerke verwandeln konnte,
bremste mich mein Gewissen mit den Worten: „Ja eh klar, Nikolaus, war sicher
alles bemalt. Ohne Ausnahme. Oder? Denk nochmal nach!“
Deshalb ist hier auch Schluss mit Bildern von bemalten Messerscheiden,
ein paar dürfen ruhig pfuibraun bleiben.
Ach ja, ein großer Vorteil beim Bemalen war, dass die Tempera sich
mit Wasser so wunderbar wieder abwaschen ließ und ich so mehrere Versuche an
derselben Messerscheide hatte.
Tja, Vorteil, naja, denn:
Ein großer Nachteil beim Bemalen war, dass die Tempera sich mit Wasser so wunderbar wieder abwaschen ließ und das erste Mal angreifen mit feuchten Händen zu bunten Händen und braunem Leder führte.
Hmm, nicht gut.
Tja, Vorteil, naja, denn:
Ein großer Nachteil beim Bemalen war, dass die Tempera sich mit Wasser so wunderbar wieder abwaschen ließ und das erste Mal angreifen mit feuchten Händen zu bunten Händen und braunem Leder führte.
Hmm, nicht gut.
Ein paar Recherchen weiter stieß ich (auch dank einiger
Ideen und Hinweisen meiner Mitstreiter) dann auf Leinölfirnis. Und landete bei
Leinöl-Standöl. Das hatte meine geliebte Frau nämlich in ihrer
Textildruckerkiste.