Mittwoch, 6. Januar 2016

Der Kasperl kommt

.. in dem heutigen Fall allerdings respektvoller: Der Caspar, mit seinen Freunden dem Melchior und dem Balthasar! 


Der oben gezeigte Dreikönigsschrein im Kölner Dom ist ein wirkliches Meisterwerk spätromanischer Goldschmiedekunst. Gefertigt wurde er gegen Ende des 12. Jahrhunderts vom namhaften Künstler Nikolaus von Verdun. (ein echter Nikolaus eben - und ja, Eigenlob stinkt). Der schuf im übrigen auch den berühmten Verduner Altar in Klosterneuburg bei Wien.
Die Reliquien befinden sich seit 1164 in Köln, nach dem Erzbischof Rainald von Dassel diese als Geschenk Kaiser Friedrichs I Barbarossa dort hin gebracht hatte. Der Kaiser hatte sie bei der Belagerung von Mailand erbeutet wo er sie aus der Basilika des Hl.Eustorgius 1158 entnehmen ließ und sie seinem Erzkanzler übergab. Damit machte er Köln zu einem der wichtigsten europäischen Wallfahrtsziele ... und zur perfekten Einleitung für mich:

"Gott der Herr schütze und bewahre die drei Heiligen Könige! Die haben ja schließlich Einiges für mich getan, die Drei. Das war nämlich so: Vor vielen Jahren als ich gerade meine liebe Frau geheiratet hatte da waren wir oft zu gange wir beide. Eh klar, weil: Crescite et multiplicamini, das heißt es immer wenn der Pfarrer davon spricht. Wachset und mehret euch! Und na gut mit dem Wachsen hab ich ja nie ein Problem gehabt, das war leicht, das mit dem Mehren aber nicht so. Da wollt und wollt sich nix Kleines einstellen.
Und dann hat er gesagt, der Pfarrer, dass wir nach Köln müssen und vor dem Schrein der Drei Könige beten und dann würds was werden! Also ham wir das gemacht und ich kann euch sagen Köln ist ganz schön weit weg! Und groß ist das. Größer noch als Wien! Unglaublich! Und der Schrein ist riesig. Und ganz aus Gold.
Eine Messe haben wir dort gehört und gebetet haben wir wie die Wilden den ganzen Tag. Also fast, denn da ist ja ein Andrang und ein Durcheinander in dem Köln. Und teuer ist es da. Also sind wir nicht lange dort geblieben und wieder heim gefahren nach Wien.
Und kaum waren wir daheim da war meine Beste auch schon guter Hoffnung. Herr im Himmel! Ein Wunder! Gott sei gepriesen!. Meine Anna war das und jetzt ist die auch schon 13 Jahre alt und ich schau auch schon langsam wegen einem Mann für sie. Und dann schick ich sie auch nach Köln!

Das hat sich übrigens ganz schön herumgesprochen dass mit dem Wunder, die ganze Nachbarschaft hat davon geredet. Ach was sag ich, ganz Wien! Sogar der Herzog hat es wohl gehört sonst wär er sicher nicht 1300 und 37 auch nach Köln mit seiner Johanna. Denn der hat sicher nicht den gleichen Pfarrer, das weiß ich.
Und was soll man sagen: Herzöge und Gürtler stehen scheinbar in der Gunst des Allmächtigen Vaters. Denn auch beim guten Albrecht hat er ein Wunder getan und uns einen zukünftigen Herzog beschert, den lieben Rudolf. Lobet und preiset den Herrn in der Höhe!"

- aus den Erinnerungen des Niklas Riemer, Wien 1340 -

Das woran sich der gute Niklas erinnert ist in vielen Details übrigens wirklich so passiert. Ich war tatsächlich in Köln, hab den Schrein gesehen, ein Gebet gesprochen ...  und ich hatte tatsächlich nie ein Problem mit dem "Wachsen". Allerdings war mein Töchterchen nicht das unmittelabre Ergebnis dieser Wallfahrt.
Oder war es vielleicht doch göttliches Eingreifen? Nur halt ein paar Jahre später? Bei Albrecht II und seiner Frau Johanna hat es ja auch zwei Jahre gebraucht. Die Wallfahrtsgeschichte von Albrecht II, Herzog von Österreich und Steiermark, und seiner Gemahlin Johanna von Pfirt 1337 zum Dreikönigsschrein nach Köln stimmt nämlich und war einfach zu schön um sie nicht in die Vita des guten Niklas einzubauen.

Und weil ich wie hier schon mal beschrieben ein Freund von guten Hintergrundgeschichten bin habe ich mir auch die nötige Ausstattung zugelegt um den Aspekt der Dreikönigsfahrt des guten Niklas mit greifbarer Realität zu versehen:


Den Gürtel und das Dolchmesser hab ich schon ausführlich auf dem Blog dokumentiert deshalb soll es heute um die Gürteltasche gehen die eben wunderbar zum heutigen Thema passt:

Auf Vorlage eines Taschenfundes aus London der ebenfalls mit Metall beschlagen war und basierend auf Taschenabbildungen aus der Lilienfelder-Handschrift von 1350 habe ich diese kleine Tasche rekonstruiert.


Um jetzt den Dreikönigsaspekt-Aspekt einzubringen hab ich das damals bei meinem Kölnbesuch erworbene Pilgerabzeichen aus Zinn mittig auf der Tasche montiert und zur Verstärkung des religiösen Aspekts zwei an Stifterfiguren angelehnte Personen in Kerbverzierungstechnik angebracht. Die sollen dann natürlich Niklas und seine Frau Sophie symbolisieren.
Das Ganze erschien mir im Lichte der im 14.Jahrhundert massig auftretenden Pilgerandenken ein adequates Mittel dem erlebten Wunder des fiktiven Niklas entsprechend Nachdruck zu verleihen.
Abbildungen von Buchstaben oder Abzeichen auf Taschen finden sich übrigens recht häufig z.B. im flämischen Alexanderroman.

Albrecht II starb übrigens 1358 und in diesem Jahr wurde dann sein ältestes Kind, Rudolf IV, neuer Herzog. Der war 1339, also wie schon erwähnt 2 Jahre nach der Wallfahrt, geboren worden. Von einer damals bereits 39-jährigen Mutter. Das mit dem Wunder dürfte also gar nicht so weit von der Hand zu weisen sein.
Weitere 9 Kinder hat Johanna dann noch geboren, insgesamt 5 davon überlebten und gingen in die überlieferte Geschichte ein.

Doch mehr zu den Habsburgern des Jahres 1340 demnächst ... auf diesem Blog.