Mittwoch, 18. Januar 2017

Wer anderen Löcher stanzt ....

... hat Locheisen geschmiedet. Und hey, wir sind ziemlich stolz darauf. Es war ein wenig Rumgetüftel notwendig bis wir von der eher "wilden" Tülle des Fleischhakens auf die neue Methode gekommen sind, aber der Karl hat sich da als Naturtalent erwiesen (und das bei einem Wendeschuhmacher).

Jedenfalls sind Locheisen für Wendeschuhmacher ein recht wichtiges Utensil und es war mehr als Zeit da mal was anzugehen:

Handgeschmiedete Locheisen für die mittelalterlich Lederverarbeitung nach einer Vorlage aus Schleswig
(1) Hand forged punches for the medieval leath worker (after a finding from Schleswig, Germany)

Our english-speaking guests can find an abstract at the end of the article


Für die z.B. in Schleswig oder Konstanz (siehe Bild unten) vorgefunden zackenverzierten Schaftrandeinfassungen oder Schaftränder (siehe dazu auch Christiane Schnack, „Mittelalterliche Lederfunde aus Konstanz“) sind gute Stanzeisen unerlässlich.

Daher haben wir mal eines geschmiedet mit dem sich größere Halbkreise auch aus stärkerem Leder (hier 3mm vegetabil gegerbtes Rindsleder in Waid-Reseda-Doppelfärbung) recht gut herausstanzen lassen.

Lederstanzeisen für halbkreisförmige Schaftrandverzierungen oder größere Löcher für Schnürsenkel
(2) Punch fur decorating shoe rims (like it was done e.g in Shcleswig or Konstanz) or punching larger holes for shoelaces

Als Beispiel für diese Dekorationsart mag ein in Konstanz gefundener Halbschuh dienen, publiziert in Christiane Schnacks „Mittelalterliche Lederfunde aus Konstanz“:

Rekonstruktionszeichnung eines hochgotischen Halbschuhs aus Konstanz
(3) Drawing of a reconstruction of a gothic turn shoe from Konstanz, Germany

Für kleiner Löcher, wie man sie eventuell für dünne Senkel oder auch als Dekoration des Oberleders von Wendeschuhen verwendete haben wir noch ein weiteres Locheisen gemacht. Das Ergebnis sieht man auf dem nächsten Bild:

Locheisen für kleine Funktions- oder Dekorationslöcher (siehe unten)
(4) Punch for making small holes for shoe laces or decorating the leather (see below)

Ein schönes Beispiel  für Schuhdekoration mit Rundlocheisen (und diversen anderen Formen in diesem Fall) ist ein in Schleswig gefundener Halbsschuh:

Wendeschuh aus Schleswig mit gestanzter Dekoration
(5) Punch decorated turn shoe from Schleswig, Germany
 
Außerdem entstand noch ein Locheisen mit großem Durchmesser mit dem sich schöne, große Löcher aus dem Leder stanzen lassen:


Eigentlich war die "Große" für Messing und meine Gürtlerarbeiten gedacht, aber neben dem Schlichten und richtiger Feuerführung hab ich auch von Materialkunde (oder vom Härten? Oder von beidem?) mal wieder keine Ahnung .. irgendwi prallt das Stanzeisen nämlich an Messingblech ab wie ein Gummiflummi an einem M1 Abrams Kampfpanzer.

Aber egal, kommt Zeit kommt Rat, kommt Feuer, kommt Amboss, kommt nächster Versuch. Noch macht es ja einen Riesenspaß. Ich fürchte daher ihr, meine geneigten Leser, müsst unsere Schmiedeergüsse noch eine Zeit lang ertragen.



Abstract for our english-speaking guests:

Today I want to show you our new hand forged punches for leather decoration. They are modelled after findings from Schleswig, Northern Germany.

Leather punches could be used to decorate shoe rims, like it was done in Konstanz, Sothern Germany 700 years ago (2) + (3) or to make holes for shoe laces and decorating the whole shoe as it was done in Schleswig (4) + (5)